Kultusminister Tonne besucht Kita St. Thomas / Fachkräfte klagen über Personalmangel
Hildesheim. Bei einem Besuch im evangelischen Familienzentrum St. Thomas hat sich der niedersächsische Kultusminister Grant Hendrik Tonne sich über das Sprachförderungskonzept der Kita informiert. St. Thomas, so der Minister, sei ein Beispiel für gute Sprachförderung im Kindergarten. Bei der Gelegenheit hat er Tonne allerdings viele Forderungen und Kritik der Fachleute nach Hannover mitbekommen.
Gemeinsame Mahlzeiten sind bekanntermaßen bestens geeignet, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Wie das in einer Kindertagesstätte funktionieren kann, durfte der Minister beim gemeinsamen Mittagessen mit der "Grünen Gruppe" selbst ausprobieren. Es gab Pfannkuchen, Kirschsoße und Gespräche über den anstehenden Familienurlaub.
In der Evangelischen Kindertagesstätte St. Thomas gehört das gezielte Gespräch am Mittagstisch und in anderen Alltagssituationen schon seit langem zum Konzept. Seit vielen Jahren nimmt die Kita an Projekten und Fortbildungen zum Thema Sprachförderung teil und versucht, sie in den Alltag zu integrieren. Das fange schon mit der Begrüßung am Morgen an, erklärt Cornelia Anolke, Leiterin des Familiezentrums. "Wir begrüßen morgens alle mit Handschlag und Namen. So fühlen sich die Kinder und auch die Eltern wahrgenommen."
Durch die Teilnahme am Bundesprogramm "Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist", kann die Kindertagesstätte momentan zusätzlich eine halbe Stelle finanzieren. Die zusätzliche Fachkraft kümmert sich um die Weiterentwicklung der alltagsintegrierten Sprachförderung. Dieser Schwerpunkt in der Kita St. Thomas ist kein Zufall. "Unsere Kinder kommen aus 20 verschiedenen Nationen", erklärt Anolke. Je nachdem welche Sprache bei den Kindern zu Hause gesprochen werde, brächten sie ganz unterschiedliche Voraussetzungen mit in den Kindergarten "Wir lernen Sprache durch sprechen", erklärt Carmen Niebecker, pädagogische Leiterin der Kindertagesstätten im Kirchenkreis Hildesheim-Sarstedt. "Hier funktioniert das schon vorbildlich."
Trotzdem sei die Förderung im Alltag auch bei den besten Grundvoraussetzungen nur schwierig umzusetzen, berichtet Anolke. Es fehle an Personal und damit an Zeit für die einzelnen Kinder. "Heute fehlen mir beispielsweise fünf Erzieherinnen. Zwei sind im Urlaub und drei krankgeschrieben", die Kita-Leiterin. Darum müssten an diesem Freitagnachmittag beispielsweise die Krippenkinder des Familienzentrums mit in die Kita kommen, um dort betreut zu werden. "Das ist hier Alltag."
In den letzten zehn Jahren hätten die Krankheitsfälle und der Personalwechsel in den Kindertagesstätten stark zugenommen, kann auch Christina Gerlach-Sufin vom Landkreis Hildesheim bestätigen. Sie ist zuständig für die zusätzliche Fachberatung im Sprach-Kita-Programm. "Der Krankenstand nimmt vor allem wegen der hohen Arbeitsbelastung zu."
Und die könnte bald noch größer werden. Zum Einen fallen ab dem ersten August die Kita-Gebühren weg. Zum anderen soll die Sprachförderung, die bisher von GrundschullehrerInnen im letzten Kindergartenjahr geleistet wurde, ab August von ErzieherInnen in den Kitas übernommen werden.
Minister Tonne verteidigt diese Strategie. "Eine zusätzliche Förderung in Defizitgruppen ist nicht richtig." Sprachförderung müsse alltagsintegriert stattfinden. "Die vorschulische Sprachförderung durch Erzieher ist völlig richtig." In diesem Punkt stimmen ihm die Hildesheimer Fachkräfte zu. Trotzdem gibt es Kritik an den Plänen der Regierung. "Niemand weiß, unter welchen Bedingungen wir das leisten sollen und wo nachgebessert wird", kritisiert Niebecker. "Der Zeitdruck ist zu groß", fügt Anolke hinzu. Die Übergangsfrist sei zu kurz.
Für eine gute Sprachförderung benötige man viel Zeit, mehr Personal und geeignete Räumlichkeiten. Der Mangel an Fachkräften mache sich auch in der Kita. St. Thomas bemerkbar. "Auf eine aktuelle Stellenausschreibung habe ich erst eine Bewerbung bekommen", berichtet sie. Viele ErzieherInnen würden auch einfach nicht das persönliche Potenzial mitbringen, erklärt Gerlach-Sufin. "Der Fachkräftemangel macht mir wirklich große Sorgen."
Tonne versprach, diesem Mangel mit verschiedenen Maßnahmen entgegenzuwirken. "Wir wollen die schulischen Ausbildungsplätze weiter ausbauen und Alternativen zur Vollzeitausbildung entwickeln." Außerdem werde das Schulgeld für angehende ErzieherInnen und SozialassistentInnen abgeschafft. "Ich bin zuversichtlich, dass wir durch eine stundenweise Aufstockung in den nächsten Jahren einen besseren Personalschlüssel erreichen können." Eine Zahl macht zumindest ein wenig Hoffnung. 14.000 ErzieherInnen seien zur Zeit in Niedersachsen in der Ausbildung, konnte Tonne berichten. So viele waren es noch nie. Julia Dittrich
Hildesheim. Bei einem Besuch im evangelischen Familienzentrum St. Thomas hat sich der niedersächsische Kultusminister Grant Hendrik Tonne sich über das Sprachförderungskonzept der Kita informiert. St. Thomas, so der Minister, sei ein Beispiel für gute Sprachförderung im Kindergarten. Bei der Gelegenheit hat er Tonne allerdings viele Forderungen und Kritik der Fachleute nach Hannover mitbekommen.
Gemeinsame Mahlzeiten sind bekanntermaßen bestens geeignet, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Wie das in einer Kindertagesstätte funktionieren kann, durfte der Minister beim gemeinsamen Mittagessen mit der "Grünen Gruppe" selbst ausprobieren. Es gab Pfannkuchen, Kirschsoße und Gespräche über den anstehenden Familienurlaub.
In der Evangelischen Kindertagesstätte St. Thomas gehört das gezielte Gespräch am Mittagstisch und in anderen Alltagssituationen schon seit langem zum Konzept. Seit vielen Jahren nimmt die Kita an Projekten und Fortbildungen zum Thema Sprachförderung teil und versucht, sie in den Alltag zu integrieren. Das fange schon mit der Begrüßung am Morgen an, erklärt Cornelia Anolke, Leiterin des Familiezentrums. "Wir begrüßen morgens alle mit Handschlag und Namen. So fühlen sich die Kinder und auch die Eltern wahrgenommen."
Durch die Teilnahme am Bundesprogramm "Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist", kann die Kindertagesstätte momentan zusätzlich eine halbe Stelle finanzieren. Die zusätzliche Fachkraft kümmert sich um die Weiterentwicklung der alltagsintegrierten Sprachförderung. Dieser Schwerpunkt in der Kita St. Thomas ist kein Zufall. "Unsere Kinder kommen aus 20 verschiedenen Nationen", erklärt Anolke. Je nachdem welche Sprache bei den Kindern zu Hause gesprochen werde, brächten sie ganz unterschiedliche Voraussetzungen mit in den Kindergarten "Wir lernen Sprache durch sprechen", erklärt Carmen Niebecker, pädagogische Leiterin der Kindertagesstätten im Kirchenkreis Hildesheim-Sarstedt. "Hier funktioniert das schon vorbildlich."
Trotzdem sei die Förderung im Alltag auch bei den besten Grundvoraussetzungen nur schwierig umzusetzen, berichtet Anolke. Es fehle an Personal und damit an Zeit für die einzelnen Kinder. "Heute fehlen mir beispielsweise fünf Erzieherinnen. Zwei sind im Urlaub und drei krankgeschrieben", die Kita-Leiterin. Darum müssten an diesem Freitagnachmittag beispielsweise die Krippenkinder des Familienzentrums mit in die Kita kommen, um dort betreut zu werden. "Das ist hier Alltag."
In den letzten zehn Jahren hätten die Krankheitsfälle und der Personalwechsel in den Kindertagesstätten stark zugenommen, kann auch Christina Gerlach-Sufin vom Landkreis Hildesheim bestätigen. Sie ist zuständig für die zusätzliche Fachberatung im Sprach-Kita-Programm. "Der Krankenstand nimmt vor allem wegen der hohen Arbeitsbelastung zu."
Und die könnte bald noch größer werden. Zum Einen fallen ab dem ersten August die Kita-Gebühren weg. Zum anderen soll die Sprachförderung, die bisher von GrundschullehrerInnen im letzten Kindergartenjahr geleistet wurde, ab August von ErzieherInnen in den Kitas übernommen werden.
Minister Tonne verteidigt diese Strategie. "Eine zusätzliche Förderung in Defizitgruppen ist nicht richtig." Sprachförderung müsse alltagsintegriert stattfinden. "Die vorschulische Sprachförderung durch Erzieher ist völlig richtig." In diesem Punkt stimmen ihm die Hildesheimer Fachkräfte zu. Trotzdem gibt es Kritik an den Plänen der Regierung. "Niemand weiß, unter welchen Bedingungen wir das leisten sollen und wo nachgebessert wird", kritisiert Niebecker. "Der Zeitdruck ist zu groß", fügt Anolke hinzu. Die Übergangsfrist sei zu kurz.
Für eine gute Sprachförderung benötige man viel Zeit, mehr Personal und geeignete Räumlichkeiten. Der Mangel an Fachkräften mache sich auch in der Kita. St. Thomas bemerkbar. "Auf eine aktuelle Stellenausschreibung habe ich erst eine Bewerbung bekommen", berichtet sie. Viele ErzieherInnen würden auch einfach nicht das persönliche Potenzial mitbringen, erklärt Gerlach-Sufin. "Der Fachkräftemangel macht mir wirklich große Sorgen."
Tonne versprach, diesem Mangel mit verschiedenen Maßnahmen entgegenzuwirken. "Wir wollen die schulischen Ausbildungsplätze weiter ausbauen und Alternativen zur Vollzeitausbildung entwickeln." Außerdem werde das Schulgeld für angehende ErzieherInnen und SozialassistentInnen abgeschafft. "Ich bin zuversichtlich, dass wir durch eine stundenweise Aufstockung in den nächsten Jahren einen besseren Personalschlüssel erreichen können." Eine Zahl macht zumindest ein wenig Hoffnung. 14.000 ErzieherInnen seien zur Zeit in Niedersachsen in der Ausbildung, konnte Tonne berichten. So viele waren es noch nie. Julia Dittrich