Durch den Umzug ins Nachbarland wurde Martyna Pieczka doch noch Pastorin

Wed, 14 Feb 2018 12:19:01 +0000 von Ralf Neite

Verstärkung für die Hildesheimer Christus- und die Matthäusgemeinde

Hildesheim. Der Kirche hat Martyna Pieczka schon als Mädchen in Zabrze, Oberschlesien, nahe gestanden: Ihre Eltern waren in Kirchenvorstand und Chor in der lutherischen Gemeinde aktiv, und auch die Tochter sang im Chor und engagierte sich in der Jugendarbeit. Aber eine berufliche Zukunft sah die Polin im Theologiestudium nicht. Pastorin hätte sie in der lutherischen Kirche nicht werden können, die keine Frauenordination kennt. Dann doch lieber Pharmazie studieren, dachte sich die Gymnasiastin.

Es wurde doch die Theologie – „irgendwie und ganz plötzlich“ setzte sich ihre Neigung gegen Vernunftsgründe durch. Und Pastorin ist sie auch geworden, nur eben nicht in Polen, sondern in Deutschland. Seit Anfang des Monats ist sie in Hildesheim mit einer halben Stelle in der Christusgemeinde tätig, außerdem soll sie mit einer viertel Stelle im Kirchenkreis mitarbeiten. Sie soll dabei zunächst die Matthäusgemeinde während der Elternzeit von Pastorin Carola Holtin unterstützen.

Schon während ihres Studiums in Warschau konnte sie dank eines Stipendiums zwei Semester in Leipzig einschieben - um ihren Horizont zu erweitern, wie sie sagt. Nach ihrem Abschluss in Polen erhielt sie ein weiteres Stipendium und kehrte nach Leipzig zurück. „Ein Jahr lang habe ich nur Deutsch gelernt“, erklärt die heute 32-Jährige. Nachdem sie die anspruchsvolle Sprachprüfung bestanden hatte, widmete sie sich den Recherchen für ihre Doktorarbeit über die in Polen sehr bekannte Diakonisse Eva von Tiele-Winckler.

Die Arbeit hat sie noch nicht zu Ende gebracht, doch irgendwann möchte Martyna Pieczka ihre Forschungsergebnisse noch veröffentlichen. „Aber ich muss Prioritäten setzen, und meine berufliche Entwicklung ist jetzt wichtiger.“ Also habe sie nach Ablauf ihres Stipendiums ihren ganzen Mut zusammengenommen und sich in Deutschland beworben. Sie absolvierte von 2014 bis 2016 ihr Vikariat in Hannover Groß-Buchholz und wechselte dann für die Probezeit nach Mörse bei Wolfsburg, wurde dort ordiniert. Interne Streitigkeiten in der Gemeinde trieben die junge Pastorin dann aber zu einem neuerlichen Wechsel.

In der Christusgemeinde hat sie schon Gespräche geführt und freut sich auf ihre neue Aufgabe. Da Jugend- und Seniorenarbeit dort gut aufgestellt seien, werde sie sich in Abstimmung mit dem Kirchenvorstand und Pastor Gerd Meyer-Lochmann um zusätzliche Angebote für die Gemeindemitglieder mittleren Alters kümmern. In der Matthäus-Gemeinde stünden noch Gespräche an, erklärt Martyna Pieczka. Um die Aufgaben in beiden Kirchengemeinden an verschiedenen Enden der Stadt aufeinander abzustimmen ist ihr aber bereits klar: „Ich muss mich in Zeitmanagement üben und gute Absprachen treffen.“

In ihrer Wohnung in der Nähe des Michaelishügels sind noch nicht alle Regale eingeräumt. Fremd fühle sie sich jedoch nicht mehr, sagt Martyna Pieczka, die inzwischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Wo sie lebe, da wolle sie auch wählen gehen, erklärt die Pastorin: „Ich finde das selbstverständlich.“ In den nächsten Tagen kommen ihre Eltern zu Besuch, um die neue Heimat ihrer Tochter kennenzulernen.

Die Art der Menschen, ihren Glauben zu leben unterscheide sich in Deutschland doch sehr von ihrer Ursprungsgemeinde in Zabrze in Polen, meint die Pastorin. Die lutherischen Christen seien dort eine kleine Minderheit, umso stärker seien das Gefühl der Zusammengehörigkeit und das Bewusstsein für die Besonderheiten ihrer Konfession bei den Mitgliedern. Allerdings hat sie in der Christusgemeinde schon Parallelen entdeckt: „Die Menschen sind stolz auf ihre Gemeinde, sie scheint für viele so etwas wie Heimat oder Familie zu bedeuten.“ Wiebke Barth
Quelle: Barth
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