Göttingen/Landwehrhagen.
Als sich Philipp Ullrich auf sein Staatsexamen in Medizin vorbereitete, fehlte ihm etwas zum Ausgleich. Und so begann er eine Ausbildung zum Prädikanten: Verkündigung, Abendmahl feiern, ganzheitlich den Menschen helfen. Knapp zwei Jahre später bestand der 30-Jährige nun das Prädikantenkolloquium, die Prüfung am Ende der Ausbildung, vor Regionalbischof Eckhard Gorka. Für diesen war Ullrich nach mehr als 20 Jahren der letzte geprüfte Prädikant in seiner Amtszeit.
Mitfeiern und doch Teil der Gemeinde sein – für Philipp Ullrich hat das Abendmahl „eine besondere eigene Dimension“. Und zugleich, sagt der Doktorand, habe er hohen Respekt vor dieser Aufgabe gehabt. „Ich versuche authentisch zu predigen, die Menschen anzusprechen und dabei nicht alles zu glätten – nicht alles darf steril und austauschbar rüberkommen.“
Ehrenamt als Ergänzung zum Beruf
Beruflich arbeitet der gebürtige Landwehrhagener Philipp Ullrich als Arzt in der Klinik für Pädiatrische Kardiologie der UMG. „Ich habe die Ausbildung als wunderbare Ergänzung zu meinem naturwissenschaftlichen Beruf schätzen gelernt.“
Naturwissenschaft auf der einen, Religion auf der anderen Seite sei für ihn kein Widerspruch. „Ich hatte evangelische Religion im Abitur als mündliches Prüfungsfach und habe dort gelernt zu argumentieren und zu diskutieren.“ Posaunenchor, Kirchenvorstand, Lektor – seit vielen Jahren schon engagiert sich Ullrich in der Gemeinde.
Mit Eltern seiner Patienten zu reden, die richtigen Worte zu finden, Menschen aufzufangen. Da sein. „Ich stehe da immer nicht nur als Behandler da.“ Seinen ersten regulären Gottesdienst als Prädikant werde er am ersten Weihnachtstag gestalten.
Prädikanten-Ausbildung dauert zwei Jahre
Rund zwei Jahre dauerte die Weiterbildung zum ehrenamtlichen und eigenständigen Prediger. Regionalbischof Gorka lobte das Engagement der Prädikantin. „Viele bringen für ihre wertvolle Arbeit die Erfahrungen aus ihren Berufen mit ein, ihre Lebenserfahrung und ihre einzigartigen Begabungen.“ Die Predigten seien heute vielmehr ein Erzählen als ein Dozieren, mehr Trost spenden als Belehrung. „Prädikantinnen und Prädikanten sind ein Schatz der Kirche.“ Gorka ermutigte zur regelmäßigen Feier des Abendmahls, wenn dies unter den Corona-Bedingungen wieder möglich sei.
Die Ausbildung zum Prädikanten ist ein vielstufiger Prozess. In einer ersten Phase lassen sich Ehrenamtliche in den Gemeinden zu Lektorinnen und Lektoren ausbilden.
Diese dürfen zwar selbst Gottesdienste leiten, orientieren sich dabei jedoch an existierende Vorlagen. Prädikantinnen und Prädikanten vertiefen später diese Kenntnisse über theologische Inhalte und die Gestaltungen von Gottesdiensten. Am Ende der Ausbildung dürfen Prädikantinnen und Prädikanten ihre Predigten vollständig selbst erstellen und das Abendmahl mit der Gemeinde feiern.
Im Sprengel Hildesheim-Göttingen gibt es seit 2008 zudem die Initiative „einfach.Gottesdienst.feiern“. Insbesondere kleine Kirchengemeinden, in denen nur in größeren Abständen Gottesdienst gefeiert werden kann, ermöglicht die Initiative durch von Ehrenamtlichen gestaltete Andachtsformen ergänzende spirituelle Angebote. Inzwischen beteiligen sich Kapellen- und Kirchengemeinden nahezu aus dem ganzen Sprengel an „einfach.Gottesdienst.feiern“.
Der Sprengel-Hildesheim umfasst den südöstlichen Teil der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers mit mehr als 460.000 Protestanten und rund 700 Kirchen und Kapellen. Er entstand 2007 aus dem Zusammenschluss der Sprengel Hildesheim und Göttingen. Regionalbischof ist seitdem Eckhard Gorka. Sitz des Sprengels ist am Michaeliskloster in Hildesheim.