Blindenchor aus Myanmar besucht auf Einladung der Hildesheimer Blindenmission die Region Hildesheim-Hannover
Gronau/Hildesheim/Hannover. Es liegen Welten zwischen der KGS Gronau und der Ba Wa Thit-Blindenschule in Myanmar. Mehr als die fast 8000 Kilometer Entfernung, mehr als die für beide Seiten fremd klingenden Sprachen, mehr als die Tatsache, dass die einen SchülerInnen sehen können und die anderen nicht. Und doch dauert es kaum eine Viertelstunde in einem Gronauer Klassenzimmer, bis deutsche und asiatische SchülerInnen die scheinbaren Barrieren überwunden haben und sich intensiv austauschen: Wie spricht man meinen Namen aus, wie Deinen? Was essen wir gerne, was mögt ihr? Wie fühlst du, was ich sehe?
Seit Mitte Mai ist eine 15-köpfige Gruppe aus Myanmar Gast der Hildesheimer Blindenmission. Die Ankunft sei ein ziemlicher Kälteschock gewesen, erzählt Thi Ha Thin Hlaing, ein ehrenamtlicher Mitarbeiter der Ba Wa Thit-Schule, der als Dolmetscher mitgekommen ist. Bei 44 Grad im Schatten losgeflogen, und dann ein Pfingstfest, das selbst für deutsche Wetterverhältnisse eklig kalt war. Ungewohnt sei auch das Essen gewesen, vor allem die großen Fleischmengen, die aufgetischt wurden. „Bei uns essen wir fast nur Reis“, sagt Thi Ha Thin Hlaing.
Andere Länder, andere Sitten: Ein großer Unterschied, der die 15 Gäste positiv überrascht hat, liegt darin, dass sie sich in Deutschland viel leichter bewegen können. In Myanmar gebe es keinerlei Hilfen wie abgeflachte Bordsteinkanten, um Menschen mit Behinderungen das Leben zu erleichtern, berichtet Thi Ha Thin Hlaing. Der neue Vizepräsident habe jedoch Verbesserungen angekündigt.
12 bis 30 Jahre alt sind die BesucherInnen – eine der Besonderheiten der Ba Wa Thit-Schule. Sie nimmt auch Erwachsene auf, denn neben Lesen und Schreiben gehören hier Massagetechniken zum Fächerangebot. Die Arbeit als Masseur oder Masseurin ist eine der wenigen Möglichkeiten für blinde Menschen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Alternative ist oft das Leben auf der Straße, das Betteln. Eine weitere Spezialität der Schule ist, dass die SchülerInnen im großen Garten Bio-Obst und -Gemüse anbauen. Und es wird viel gesungen.
Erst vor zwei Jahren ist die Schule gegründet worden, von Beginn an mit großer Unterstützung der Hildesheimer Blindenmission. Genauso lange besteht auch schon eine Verbindung zur Kooperativen Gesamtschule Gronau. Die KGS hat 2014 über die Blindenmission die Patenschaft für ein blindes Kind aus der Ba Wa Thit-Schule übernommen – eine Entscheidung der Schülervertretung, wie Schulleiter Christian Schwarze betont. Eigentlich sollte der Besuch in Gronau schon im vorigen Jahr stattfinden, als die Blindenmission im Zuge ihres 125-jährigen Jubiläums Blindenchöre aus ganz Asien eingeladen hatte. Doch die Anreise der Gruppe aus Myanmar scheiterte in letzter Sekunde an Visa-Problemen.
Umso dankbarer sei er, das Frank Ewert als Leiter der Mission einen zweiten Anlauf unternommen habe, sagt U Tin Moe, Gründer und Leiter der Ba Wa Thi-Schule. Es sei die erste Reise aus Myanmar heraus. Tatsächlich, ergänzt Frank Ewert, sei es wahrscheinlich der erste Besuch einer Myanmar-Gruppe in Deutschland überhaupt. Auch an der KGS ist die Erleichterung groß, dass diesmal alles geklappt hat.
Der Besuch in Gronau ist ein Beispiel dafür, wie die Begegnungen so unterschiedlicher Menschen aus so verschiedenen Kulturen gelingen kann. Die Schülerinnen und Schüler aus der Klasse 9G1 hatten sich vorher eine einfache Frage gestellt: Was würden wir am liebsten tun, was möchten wir gerne kennen lernen, wenn wir in einem fremden Land zu Gast wären? So konnten die Kinder und Erwachsenen aus Myanmar unter anderem von den Lieblingssnacks der Gronauer Jugendlichen kosten: Von Erdbeeren und Schokolade über Weißwürste und Brezeln bis zu Pizza und Muffins. Besonders letztere schienen – anders als die Fleischmengen – auch einem asiatischen Gaumen zu behagen.
Schulaktionen wie diese bildeten einen der Schwerpunkte des zweiwöchigen Besuchs in der Region Hildesheim und in Hannover. Ansonsten stand die Musik im Zentrum: die blinden SchülerInnen traten als Chor in Konzerten, in Gottesdiensten und bei Festivals auf. Hinzu kam der fachliche Austausch etwa mit VertreterInnen des Taubblindenwerk und des Landesbildungszentrum in Hannover. Ein sattes Programm. Am Sonntag endete der Besuch mit einem Gottesdienst in Hildesheim, an dem auch der stellvertretende Botschafter aus Myanmar Aye Ko Ko teilnahm. Ralf Neite
Bilder:
Am Fühltisch ertasten die blinden Gäste Gegenstände des deutschen Alltags: Schraubenzieher, Wollpullis, Geschirrtücher, Wäscheklammern. Foto: Neite
Kostproben der Lieblingssnacks der Gronauer SchülerInnen: Besonders die Muffins kommen gut an. Foto: Neite
U Tin Moe, Gründer und Leiter der Ba Wa Thi-Schule, befühlt das Puzzle-Logo der KGS Gronau. Daneben Schulleiter Christian Schwarze. Foto: Neite
Beim Abschlussgottesdienst des 14-tägigen Besuchs begegneten sich der stellvertretende Botschafter der Union Myanmar, Aye Ko Ko, und der Abt Pyinnying Dariya, der mit dem Blindenchor nach Deutschland gereist war. Foto: Ewert
Gronau/Hildesheim/Hannover. Es liegen Welten zwischen der KGS Gronau und der Ba Wa Thit-Blindenschule in Myanmar. Mehr als die fast 8000 Kilometer Entfernung, mehr als die für beide Seiten fremd klingenden Sprachen, mehr als die Tatsache, dass die einen SchülerInnen sehen können und die anderen nicht. Und doch dauert es kaum eine Viertelstunde in einem Gronauer Klassenzimmer, bis deutsche und asiatische SchülerInnen die scheinbaren Barrieren überwunden haben und sich intensiv austauschen: Wie spricht man meinen Namen aus, wie Deinen? Was essen wir gerne, was mögt ihr? Wie fühlst du, was ich sehe?
Seit Mitte Mai ist eine 15-köpfige Gruppe aus Myanmar Gast der Hildesheimer Blindenmission. Die Ankunft sei ein ziemlicher Kälteschock gewesen, erzählt Thi Ha Thin Hlaing, ein ehrenamtlicher Mitarbeiter der Ba Wa Thit-Schule, der als Dolmetscher mitgekommen ist. Bei 44 Grad im Schatten losgeflogen, und dann ein Pfingstfest, das selbst für deutsche Wetterverhältnisse eklig kalt war. Ungewohnt sei auch das Essen gewesen, vor allem die großen Fleischmengen, die aufgetischt wurden. „Bei uns essen wir fast nur Reis“, sagt Thi Ha Thin Hlaing.
Andere Länder, andere Sitten: Ein großer Unterschied, der die 15 Gäste positiv überrascht hat, liegt darin, dass sie sich in Deutschland viel leichter bewegen können. In Myanmar gebe es keinerlei Hilfen wie abgeflachte Bordsteinkanten, um Menschen mit Behinderungen das Leben zu erleichtern, berichtet Thi Ha Thin Hlaing. Der neue Vizepräsident habe jedoch Verbesserungen angekündigt.
12 bis 30 Jahre alt sind die BesucherInnen – eine der Besonderheiten der Ba Wa Thit-Schule. Sie nimmt auch Erwachsene auf, denn neben Lesen und Schreiben gehören hier Massagetechniken zum Fächerangebot. Die Arbeit als Masseur oder Masseurin ist eine der wenigen Möglichkeiten für blinde Menschen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Alternative ist oft das Leben auf der Straße, das Betteln. Eine weitere Spezialität der Schule ist, dass die SchülerInnen im großen Garten Bio-Obst und -Gemüse anbauen. Und es wird viel gesungen.
Erst vor zwei Jahren ist die Schule gegründet worden, von Beginn an mit großer Unterstützung der Hildesheimer Blindenmission. Genauso lange besteht auch schon eine Verbindung zur Kooperativen Gesamtschule Gronau. Die KGS hat 2014 über die Blindenmission die Patenschaft für ein blindes Kind aus der Ba Wa Thit-Schule übernommen – eine Entscheidung der Schülervertretung, wie Schulleiter Christian Schwarze betont. Eigentlich sollte der Besuch in Gronau schon im vorigen Jahr stattfinden, als die Blindenmission im Zuge ihres 125-jährigen Jubiläums Blindenchöre aus ganz Asien eingeladen hatte. Doch die Anreise der Gruppe aus Myanmar scheiterte in letzter Sekunde an Visa-Problemen.
Umso dankbarer sei er, das Frank Ewert als Leiter der Mission einen zweiten Anlauf unternommen habe, sagt U Tin Moe, Gründer und Leiter der Ba Wa Thi-Schule. Es sei die erste Reise aus Myanmar heraus. Tatsächlich, ergänzt Frank Ewert, sei es wahrscheinlich der erste Besuch einer Myanmar-Gruppe in Deutschland überhaupt. Auch an der KGS ist die Erleichterung groß, dass diesmal alles geklappt hat.
Der Besuch in Gronau ist ein Beispiel dafür, wie die Begegnungen so unterschiedlicher Menschen aus so verschiedenen Kulturen gelingen kann. Die Schülerinnen und Schüler aus der Klasse 9G1 hatten sich vorher eine einfache Frage gestellt: Was würden wir am liebsten tun, was möchten wir gerne kennen lernen, wenn wir in einem fremden Land zu Gast wären? So konnten die Kinder und Erwachsenen aus Myanmar unter anderem von den Lieblingssnacks der Gronauer Jugendlichen kosten: Von Erdbeeren und Schokolade über Weißwürste und Brezeln bis zu Pizza und Muffins. Besonders letztere schienen – anders als die Fleischmengen – auch einem asiatischen Gaumen zu behagen.
Schulaktionen wie diese bildeten einen der Schwerpunkte des zweiwöchigen Besuchs in der Region Hildesheim und in Hannover. Ansonsten stand die Musik im Zentrum: die blinden SchülerInnen traten als Chor in Konzerten, in Gottesdiensten und bei Festivals auf. Hinzu kam der fachliche Austausch etwa mit VertreterInnen des Taubblindenwerk und des Landesbildungszentrum in Hannover. Ein sattes Programm. Am Sonntag endete der Besuch mit einem Gottesdienst in Hildesheim, an dem auch der stellvertretende Botschafter aus Myanmar Aye Ko Ko teilnahm. Ralf Neite
Bilder:
Am Fühltisch ertasten die blinden Gäste Gegenstände des deutschen Alltags: Schraubenzieher, Wollpullis, Geschirrtücher, Wäscheklammern. Foto: Neite
Kostproben der Lieblingssnacks der Gronauer SchülerInnen: Besonders die Muffins kommen gut an. Foto: Neite
U Tin Moe, Gründer und Leiter der Ba Wa Thi-Schule, befühlt das Puzzle-Logo der KGS Gronau. Daneben Schulleiter Christian Schwarze. Foto: Neite
Beim Abschlussgottesdienst des 14-tägigen Besuchs begegneten sich der stellvertretende Botschafter der Union Myanmar, Aye Ko Ko, und der Abt Pyinnying Dariya, der mit dem Blindenchor nach Deutschland gereist war. Foto: Ewert
Quelle: Neite / Ewert