„Die Menschen haben mich reich beschenkt“

Mon, 23 Oct 2017 11:13:04 +0000 von Ralf Neite

Pastor Cord Muckelberg wird nach 17 Jahren Krankenhausseelsorge in der Ameos-Klinik verabschiedet

Hildesheim. Mitten im stressigen Klinikalltag gibt es die Seelsorge, Menschen, die Zeit haben zum Zuhören und Trösten. Pastor Cord Muckelberg gehört zu ihnen. 17 Jahre lang hat er als Krankenhausseelsorger in der Ameos-Klinik in Hildesheim gearbeitet. Am Donnerstag, dem 26. Oktober, wird er um 12 Uhr mit einem öffentlichen Gottesdienst von Superintendent Peisert im Sozialzentrum der Klinik verabschiedet. Mit 63 Jahren hat er sich aus gesundheitlichen Gründen für den Ruhestand entschieden, aber leicht fällt der Abschied nicht.

Dabei hatte Cord Muckelberg gar nicht an eine psychiatrische Klinik gedacht, als er sich für die Krankenhausseelsorge bewarb. Aber er hat es probiert, und war bald begeistert. Zuvor hatte Cord Muckelberg 15 Jahre als Gemeindepastor in den Kirchenkreisen Leer und Walsrode gearbeitet.

„Den Umzug nach Hildesheim haben meine Frau und ich nie bereut.“ Sicherlich, leicht sei es nicht, wenn täglich die Menschen ihre Not und ihr Leid, ihren Frust und ihre Enttäuschung bei ihm abladen. Und trotzdem: „Ich liebe diese Arbeit“, sagt Cord Muckelberg. Deshalb sei er auch gerne so lange am gleichen Arbeitsplatz geblieben. Er sei tief beeindruckt von den Menschen, die sich nicht aufgeben, sondern in der Klinik Hilfe suchen, die eine Krise auch als Chance auf einen neuen Anfang auffassen. „Ich war für die Menschen da, aber in Wirklichkeit haben die auch mich oft reich beschenkt“, meint der Pastor.

Um die Patienten begleiten und auffangen zu können, brauchte er auch selbst Unterstützung und Ausgleich. Die fand er bei seiner Frau und den vier Kindern, im Sport, beim Hören von Jazzplatten und Besuch von Konzerten, außerdem in Meditation und Gebet: „Der Glaube hilft mir da sehr.“ Aber auch eine regelmäßige Supervision sei notwendig, um diese Arbeit professionell tun zu können.

Oft hat er mit Patienten zu tun, die eine Alkohol- oder Drogenentgiftung vornehmen, und sich dann mit den Problemen und Erkrankungen konfrontiert sehen, die sie in die Sucht geführt haben. Auch in der forensischen Abteilung für Menschen, die aufgrund einer seelischen Erkrankung straffällig geworden sind, wird der Seelsorger gebraucht – der also im Prinzip Täter und Opfer gleichermaßen kennenlernt. Das sei eine besondere Herausforderung, sagt der Pastor.

Anfangs, erinnert sich Cord Muckelberg, habe er im Umgang mit den Patienten auch Fehler gemacht. Doch Ärzte und Therapeuten hätten ihn gut „gecoacht“, ihm die Krankheitsbilder und die Arbeitsabläufe in der Klinik erläutert. Die Zusammenarbeit sei immer sehr gut gewesen. In Gesprächen bittet er auch gelegentlich die Klinikgäste um Erlaubnis, das Erfahrene im Stationsteam zu besprechen. Ohne Zustimmung tut er das aber nicht. Alle Verschwiegenheitspflicht muss aber enden, wenn es um Eigen- oder Fremdgefährdung geht.

Die Begleitung der Patienten und ihrer Angehörigen sei hier langfristiger und intensiver als in allgemeinen Krankenhäusern, sagt der Pastor. Im Schnitt 20 bis 25 Tage bleiben die Menschen in der Klinik, und manche kommen auch danach noch zum Gottesdienst am Sonntag oder zu Einzelgesprächen. Einige fragen ihn sogar um Rat, ob es vielleicht Zeit sei, sich wieder einweisen zu lassen. Inzwischen hat Cord Muckelberg genug Erfahrung gewonnen, sich solchen Fragen gewachsen zu fühlen.

Neben Patienten nehmen auch die Mitarbeitenden gern die Möglichkeit zum vertraulichen Gespräch mit einem Seelsorger in Anspruch. Das Personal in der Klinik sei sehr knapp bemessen, Stress und Belastung im Alltag der Einzelnen oft sehr hoch, weiß Cord Muckelberg.

Wer sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin wird, steht noch nicht fest. Ganz ohne Seelsorge bleibt die Klinik aber nicht, denn neben Cord Muckelberg, seit 2013 nur noch mit halber Planstelle, sind dort auch Pastorin Christine Aden-Loest und der langjährige katholische Kollege, Pastoralreferent Andreas Metge, weiterhin mit Teilstellen im Einsatz.

Pastor Muckelberg war neben der Klinikseelsorge auch in der Seelsorge-Ausbildung der Landeskirche und als Supervisor tätig. Diese Aufgaben wird er auch nach seiner Verabschiedung weiter fortführen. Sonst allerdings ist erst einmal eine große Pause von pastoraler Arbeit vorgesehen, um sich mal nicht um andere zu kümmern, um zu erfahren: „Wer bin ich eigentlich, wenn ich nur ich bin?“ Eines kann er aber jetzt schon sagen: „Ich bin Gott sehr dankbar für mein Leben.“ Wiebke Barth
Quelle: Barth
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