Männer über Männer

Fri, 15 Jan 2016 11:35:13 +0000 von Ralf Neite

Kirchenvertreter im Küchengespräch der Evangelischen Familienbildungsstätte

Hildesheim. Der Abend beginnt mit einem Klischee: Männer und Küche, passt das zusammen? Denn heute Abend sitzen vier Männer genau dort, in der Küche der Evangelischen Familienbildungsstätte in Hildesheim. Thema eigentlich: „Wo sind die Männer bei den Ehrenämtern in den Kirchengemeinden?“ Doch darüber wird am Ende des Abends wenig gesprochen worden sein. Stattdessen zückt Moderator Horst-Dieter Büshel, Referent für Männerarbeit im Haus kirchlicher Dienste Hannover, eine Umfrage, durchgeführt von RTL: Was haben Männer typischerweise im Kühlschrank? Das Ergebnis: Das gleiche wie Frauen. Butter, Brot, Aufschnitt. An achter Stelle taucht Bier auf, an zehnter Stelle, völlig unverständlich, Sekundenkleber.

Zu Beginn sollen die Gäste „persönliche Einblicke in Männerwelten“ geben, wie Büshel das formuliert. Helmut Aßmann, Oberkirchenrat der Landeskirche Hannover, berichtet aus seiner Zeit als Rekrut bei der Bundeswehr, Ende der 1970er Jahre. Er erinnert sich an eine nächtliche Schießübung. „Männer mögen, wenn es knallt“, sagt Aßmann, „ich war – zu meiner eigenen Überraschung – fasziniert, das war von unheimlicher Kraft.“ Auch die „Psychodynamik zwischen neun testosteronschwangeren Jungs“ in einem Zimmer habe ihn beeindruckt. Eine überaus intensive Form von Gemeinschaft; eine Frau hätte da alles durcheinandergebracht.

Peter Meißner, langjähriger Bildungsreferent bei mannigfaltig e. V., einer Beratungsstelle für Jungen und Männer in Hannover, arbeitet mit seinen Klienten daran, eine Haltung zu Männlichkeit zu entwickeln. „Das Bild, wie Männer sein sollen, bedroht die Männer“, diagnostiziert Meißner. Er leite Jungen und Väter an, gemeinsam Zeit miteinander zu gestalten, auch über Gefühle zu sprechen. Das gehe am besten, wenn sie aktiv werden, zum Beispiel beim Baumhausbau.

Manfred Hallwaß, Pastor im Ruhestand und Initiator der Veranstaltungsreihe „Nur für Männer“ in Nordstemmen, erkennt eine andere Problematik. Männern falle es schwer, in der Kirche aktiv zu werden. Das liege vor allem daran, dass zu wenig Angebote vorhanden seien, bei denen aktiv mitgestaltet werden könne, beispielweise bei Gartenarbeit oder Bauprojekten. „Ich dachte, wir müssen da was machen“, erinnert sich Hallwaß. Seit fünf Jahren trifft sich die Männer-Runde regelmäßig. Zum Programm gehören ein Vortrag, ein gemeinsames Essen, meist Schlachteplatte, und ein geistlicher Impuls. Mit Erfolg: Rund 50 Männer kommen regelmäßig.

Warum Männer im kirchlichen Ehrenamt kaum präsent sind und was dagegen zu tun sei, klärt die Diskussion nicht. Die Aussage eines Sprechers der Landeskirche Hannovers, die Zukunft der Kirche sei weiblich, hält Helmut Aßmann für „unvorsichtig“. Obwohl der überwiegende Teil der Theologiestudierenden heute weiblich ist, sei nicht ausgemacht, wie lange dieser Trend anhält. Es sei auch kein Zufall, betont Aßmann, „dass Männer gerne die oberen Ränge bekleiden“. Männer, so seine These, sind stark, setzen sich durch, sind widerständig.

Eine Herausforderung sieht Aßmann darin, Männerinteressen oder -traditionen nicht als bloße soziale Zuschreibungen herabzuwürdigen. Wichtig sei ein produktiver Umgang mit Geschlechterunterschieden. Diese Unterschiede unsichtbar machen zu wollen, sei nicht hilfreich. Aßmann schließt mit dem schlüssigen Bild von Yin und Yang. Hier sei Einigkeit in Abgrenzung repräsentiert. Wie sich Rollenbilder weiterentwickeln und welche Qualitäten sich daraus auch für eine kirchliche Arbeit ergeben, spielte an diesem Abend keine Rolle. Christoph Möller

Bilder

Warum es Hamburger zu Essen gibt? „Weil das Gegrilltes ist“, sagt Koch Matthias Fugger.

Fast nur Männer im Publikum, vier Männer auf dem Podium: Horst-Dieter Büshel, Helmut Aßmann, Manfred Hallwaß und Peter Meißner.
Bestätigen

Bist du sicher?