Ein Freudenfest gegen tristen Klosteralltag

Wed, 05 Jul 2017 08:08:03 +0000 von Ralf Neite

Live-Rollenspiel rund um Katharina von Bora begeistert Kinder in Haus Escherde

Betheln. „Im Kloster wollten wir nicht bleiben, da ist es so streng. Deshalb haben wir ja auch Katharina von Bora von dort entführt.“, erklärt eine Bewohnerin Wittenbergs mit leuchtenden Augen. Seit Anfang der Woche liegt Wittenberg übrigens mitten im Bethelner Pfarrgarten. Dort lebt es sich viel lustiger und freier als hinter den Mauern des grauen Gemäuers, für das das alte Kloster in Haus Escherde die Kulisse bietet. Außerdem gibt es viel zu entdecken, zu basteln, um Waren zu feilschen und vor allem zu feiern.

Was hier stattfindet, ist ein Live-Rollenspiel (kurz LARP), in dem die TeilnehmerInnen in Kostüme und andere Rollen schlüpfen und sich für ein paar Tage aus dem Alltag verabschieden. Schon zum dritten Mal veranstalten die Diakoninnen Renata Friede und Sabine Junak vom evangelischen Kirchenkreisjugenddienst Hildesheimer Land-Alfeld solch ein Ferien-LARP, in dem man die SpielerInnen sich von Kopf bis Fuß in eine andere Zeit und Welt versetzen. Jugendliche Helfer und Helferinnen unterstützen die beiden Diakoninnen.

Während es in den letzten Jahren um Robin Hood und seine Räuberbande ging, gilt es diesmal, Martin Luther bei der Verbreitung seiner Thesen zu helfen. Und eben Katharina von Bora aus dem strengen, eintönigen Klosterleben zu erretten. Eine ungewöhnliche und vor allem aufregende Art und Weise, im Zuge des Reformationsjubiläums etwas über den bedeutenden Kirchenmann zu lernen. Erst die Unterstützung der Heinrich-Dammann-Stiftung hat das aufwendige Angebot ermöglicht.

Knapp dreißig Kinder im Alter von sieben bis elf Jahren sind dabei. Für viele von ihnen ist es nicht das erste LARP aus der Feder der beiden Diakoninnen. Die Schwestern Luna und Leni Kasten (8 Jahre) beispielsweise waren bislang jedes Mal mit von der Partie und sind sich schon jetzt sicher, auch im nächsten Jahr teilnehmen zu wollen. Besonders gut haben ihnen die vielen Bastel- und Bauangebote gefallen, die nach dem Vorbild verschiedener Handwerkszünfte ausprobiert werden konnten. Stolz zeigen sie selbstgemachte Tonfiguren, den eigens angelegten Kräutergarten und selbst angemischte Tränke und Salben.

Pauline und Hendrik Schönfelder (7 und 9 Jahre) hingegen sind zum ersten Mal dabei und davon begeistert, in eine andere Rolle zu schlüpfen und in eine fantastische, mittelalterlich anmutende Welt einzutauchen. Das kann einerseits bedeuten, als Bäuerin Heu für die Pferde aufzuschichten oder mit Ahornblättern Kleidung zu färben, oder aber als Hochwohlgeborene stolz über die Wiese zu stolzieren. Der Spaß und auch die Spannung, die mit dieser Spielform einhergehen, ist enorm, finden die Kinder.

Und so ist Sabine Junak, die für die Geschichte (den „Plot“) verantwortlich ist, trotz der Erfahrung aus den vergangenen LARPs immer wieder überrascht, wie sehr die Kinder in das Geschehen eintauchen. So muss sie etwa spontan eine Zeremonie improvisieren, in der ein auf das Kloster geleisteter Schwur rückgängig gemacht werden soll. Denn die Helden und Heldinnen Wittenbergs haben inzwischen gelernt, wie hart das Leben hinter den Klostermauern ist und fühlen sich dennoch an ihren Schwur gebunden.

Letztlich gelingt ihnen mit vereinten Kräften ein Happy End, das mit einem bunten Fest in Kirche und Pfarrgarten gefeiert wird. An der überschäumend guten Laune aller Beteiligten kann nämlich nicht einmal das äußerst mäßige Wetter etwas ändern.
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