Pastorin Meike Riedel erprobt neue Wege des Austauschs
Hildesheim. „Wir sind eine Gemeinde der Begegnung“, sagt Pastorin Meike Riedel über die Lukasgemeinde, „wir treffen uns gern.“ Doch zurzeit ist das Café LUCA der Gemeinde ebenso verwaist wie der Kirchenraum. Die Pastorin hat daher nach anderen Wegen gesucht, miteinander im Kontakt und Austausch zu bleiben. Sie bildet dabei eine Art Drehkreuz der Kommunikation über E-Mails und Briefe: Rund 350 Adressen hat sie inzwischen im E-Mail-Verteiler, weit mehr Menschen kann sie in den Haushalten darüber erreichen. Regelmäßig gibt Meike Riedel auf diesem Wege kurze Impulse heraus. Das können mal geistliche Worte sein, das können auch persönliche Erfahrungen mit den Kontaktbeschränkungen sein.
Dazu gehören auch Fragen in die virtuelle Runde: Wer erinnert sich an seinen Konfirmationsspruch und welche Bedeutung hat der für das eigene Leben? Oder auch: Was ist gut in dieser Zeit? Diese Frage zum Beispiel habe eine lebhafte Resonanz ausgelöst, freut sich die Pastorin. Außer Textantworten kamen auch Fotos zurück von den Hobbies, von selbstgemalten Bildern der Kinder und blühenden Frühjahrsblumen. Die Antworten stellt Meike Riedel anonymisiert zu Collagen zusammen, die sie wiederum rundschickt, um so eine Verbindung zwischen allen Beteiligten herzustellen. Um alle Gemeindemitglieder zu erreichen, haben 30 Ehrenamtliche außerdem zu Ostern an rund 2000 Haushalte Grüße per Brief verteilt.
Die Lukasgemeinde hat die Anregung des Michaelisklosters für „Gottesdienst zeitgleich“ aufgegriffen: Pastorin Riedel feiert Gottesdienst in der Kirche nach einem Ablauf, der den Gemeindemitgliedern vorher zugegangen ist. So entsteht eine gedankliche Gemeinschaft durch das gleichzeitige Beten und Singen. Wer keine E-Mails empfangen kann, erhält auf Wunsch den Ablauf per Brief. Auch auf diese Möglichkeit erhält die Pastorin Reaktionen der Gemeinde, zum Beispiel Fotos von den privaten Abendmahlsfeiern am Gründonnerstag: Tische gedeckt mit Brot und Wein, Gesangbuch und Laptop.
Für viele sei der Gottesdienst eine wohltuende Auszeit, die dabei helfe innere Ruhe zu finden. Andere allerdings mache es auch traurig, weil sie das Alleinsein dabei schmerzlich empfinden, erzählt die Pastorin. Daher gebe es auch viele persönliche Gespräche am Telefon, bei denen neben privaten Sorgen auch Glaubensfragen mit sonst ungewohnter Tiefe aufgegriffen werden. Nächste Woche soll außerdem erstmals eine Kirchenvorstandssitzung per Video-Konferenz stattfinden. Der lebhafte Austausch mit der Gemeinde zeigt Meike Riedel: „Es ist anders - aber es muss nicht weniger sein.“
Besonders freut sich die Pastorin darüber, wie gut ihr Spendenaufruf für den Sozialen Mittagstisch Guter Hirt angenommen wurde. Den großen Spendenkorb, der sonst im Gemeindezentrum steht, hat sie am Ostersonntag an die Straße gestellt – und seither mehrmals leeren können. Weit mehr Gaben als sonst seien hier abgegeben worden. Und neben haltbaren Lebensmitteln wie Nudeln, Tee oder Konserven im Korb landeten im Briefkasten auch Geldspenden.
Wegen der Kontaktbeschränkungen musste Pastorin Riedel übrigens auch ihre persönlichen Pläne für dieses Jahr ändern. Das Studiensemester in Göttingen, bei dem sie im Austausch mit ProfessorInnen und jungen Studierenden neue Impulse für ihre Arbeit gewinnen wollte, findet nicht statt. Pastorin Riedel hofft nun auf das nächste Jahr. Wiebke Barth