Hausgeburt: Früher Normalfall, heute Ausnahme

Wed, 27 Mar 2019 15:01:09 +0000 von Ralf Neite

Hebamme Diemut Stark zu Gast beim Frauenfrühstück des Kirchenkreises

Alfeld. „Die Geburt ist ein zentrales Frauenthema, Geburtsgeschichten prägen uns, auch wenn man kein eigenes Kind zur Welt gebracht hat“, sagt Superintendentin Katharina Henking. „Wir alle haben Mütter.“ Wie jedes Jahr im Frühling hat der evangelisch-lutherische Kirchenkreis Hildesheimer Land-Alfeld zum Frauenfrühstück ins Gasthaus „Zur Eule“ nach Hörsum eingeladen. Die Resonanz ist groß, etwa 120 Gäste sind gekommen, darunter viele ältere. Frauen, Mütter, Großmütter, Uromas – sie alle können etwas beitragen zum Thema des Tages: der Geburt.

Ihre Mutter habe sie 1960 „innerhalb von anderthalb Stunden beim Bügeln zwischen zwei Oberhemden“ geboren, erzählt die Superintendentin lachend eine Episode, die bis heute in der Familie kursiert. Damals kamen Hausgeburten noch häufiger vor, kurz danach entband jedoch fast jede Schwangere in einer Klinik. Das ist bis heute so. Wie konnte es zu diesem Wandel kommen? Diemut Stark aus Göttingen, Hebamme und seit Mitte der 1990er Jahre in der Hebammenausbildung tätig, hat sich mit der Geschichte ihres Berufes auseinandergesetzt und nennt einige Gründe.

Während ihrer aktiven Zeit als Hebamme hat Diemut Stark (59) mehr als 1.000 Babys den Weg ans Licht geebnet. Zunächst freiberuflich, später als Beschäftigte im Krankenhaus. Ihre Profession sei eine der ältesten Frauenberufe der Welt, beginnt Diemut Stark den Vortrag, und schnell wird klar, dass ihre Rückschau – diese reicht etwa bis in die Zeit von Christi Geburt zurück - auch Aufschluss gibt über die jeweiligen Lebensumstände von Frauen überhaupt. Sie spricht über weise Frauen, über verfolgte „Hexen“, über Wochenbettfieber und Kindsmörderinnen, über die Angst vor der Niederkunft und über die Nähe von Leben und Tod.

Diemut Stark berichtet von den Anfängen der männlichen, ärztlichen Geburtsmedizin am Beispiel des Accouchierhauses in Göttingen. Diese „Gebäranstalt“ für arme, unverheiratete Schwangere entstand 1785. Die werdenden Mütter bekamen Unterkunft und Verpflegung. Allerdings habe in der Einrichtung nicht das Wohl der Frauen im Vordergrund gestanden, die Ärzteschaft habe in den Schwangeren hauptsächlich Demonstrationsobjekte für die gynäkologische Forschung und Lehre gesehen, bemerkt die Referentin.

Der medizinische Fortschritt ging mit der Technisierung im Kreißsaal einher, die in den 1980er Jahren mit der „programmierten Geburt“ einen Höhepunkt fand, so die Hebamme aus Göttingen. Aber die Frauen hätten sich gegen diesen Trend gestemmt. „Danach wendete sich Vieles zum Guten.“

Helga Rosenberg, Iris Behrendt, Regine Rose und Caroline Berndt-Uhde haben zusammen mit Katharina Henking das Frauenfrühstück organisiert. „Es ist immer gut besucht, fast ein Selbstläufer“, erzählt Helga Rosenberg, „viele Damen kommen schon seit Jahren.“ Ob aus Alfeld, Wrisbergholzen, Lamspringe, Bad Salzdetfurth oder Grünenplan: Sie alle schätzen das lockere Zusammensein mit Gleichgesinnten. Dazu besteht im Herbst neue Gelegenheit: Das nächste Frauenfrühstück findet statt am Sonnabend, 5. Oktober, von 9 bis 12 Uhr im Hörsumer Gasthaus „Zur Eule“. Susan Pickers
Quelle: Susan Pickers
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