Sarstedter Alten- und Pflegeheim St. Nicolai feiert sein 50-jähriges Bestehen
Sarstedt. Das letzte Wort beim Festakt hatte Edith Kattner. Die 74-Jährige wohnt gleich gegenüber im Ginsterweg und hat seit vielen Jahren eine enge Beziehung zum Alten- und Pflegeheim St. Nicolai. Sie ist im Besuchsdienst der evangelischen Gemeinde aktiv, außerdem als Hospizhelferin. Edith Kattner überreichte eine große Schale mit Glücksklee als Geburtstagsgeschenk und sagte mit fester Stimme: „Das ist für mich eine Ehre, dieses Amt hier wahrnehmen zu können.“
Am Dienstag, auf den Tag genau 50 Jahre nach seiner Eröffnung, hat das Alten- und Pflegeheim St. Nicolai sein Jubiläum gefeiert. Der Festakt stand im Zeichen der Veränderungen, die die Altenhilfe erlebt hat – und gerade aktuell wieder durchmacht. „Die Menschen werden immer älter“, fasste Bürgermeisterin Heike Brennecke eine Entwicklung zusammen, die ganz Deutschland betrifft und sich auch in Sarstedt bemerkbar macht: Fast 200 der gut 18.000 Einwohner und Einwohnerinnen sind über 90 Jahre alt, 1300 über 80.
Rund 60 Gäste, darunter Ehrenbürgermeister Karl-Heinz Wondratschek, Landtagsabgeordneter Markus Brinkmann und der Elzer Superintendent Christian Castel, waren zum Festakt in die hauseigene Kapelle des Altenheims an der Lindenallee gekommen. „Als ich vor 26 Jahren hier begonnen habe, hätte ich nie gedacht, dass ich heute hier vor Ihnen stehen würde“, sagte Heimleiterin Christine Hoschke gut gelaunt. Später fragte man sich, wen sie wohl mit „Sie“ angesprochen hatte – im Grunde scheint Hoschke mit allen in Sarstedt per Du zu sein.
Hans-Martin Joost, theologischer Vorstand der Diakonie Leine-Innerste, dem Träger des Hauses, erinnerte an die Ursprünge. 1964 hatten engagierte Mitglieder der evangelischen St.-Nicolai-Gemeinde einen Verein gegründet, um einen Altenheim zu schaffen. Damals, so Joost, sei es vor allem darum gegangen, den Kriegswitwen eine Wohnlösung fürs Alter zu bieten. An den Pflegeaspekt habe man kaum gedacht.
Die Gemeinde stellte das Grundstück an der Lindenallee zur Verfügung, 1969 konnten die ersten Bewohnerinnen einziehen. „Wohnen im Alter“ sei lange das Stichwort gewesen, berichtete Joost. „Doch um die Jahrtausendwende sah das auf einmal ganz anders aus.“ Heute stehe nicht mehr das Wohnen, sondern die Pflege mit Mittelpunkt. Joost dankte den Bewohnerinnen und Bewohnern „für Ihr Vertrauen, das Sie in dieses Haus setzen“, und den Mitarbeitenden für Engagement. „Wer in der Altenpflege tätig ist, versieht nicht nur einen Job“
Sven Schumacher, Geschäftsführer des Christophorusstifts in Hildesheim, schlug in seinem Festvortrag zeitlich einen noch weiteren Bogen. Die ersten Altenheime in Deutschland, sagte Schumacher, seien erst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts geschaffen worden. Die Situation sei eine völlig andere gewesen als heute. Nur fünf Prozent der Bevölkerung waren älter als 65, es gab keinen Ruhestand und keine Rente. „Es ging um Nothilfe“, so Schumacher über die ersten Altenheime.
Nach dem 1. Weltkrieg wurde zwar erstmals eine soziale Absicherung eingeführt, doch in der Arbeit der Altenhilfe habe sich nichts Grundlegendes geändert. 1937 gab es in Deutschland rund 1000 diakonische Altenhilfe-Einrichtungen, aber dann begann der 2. Weltkrieg und die Entwicklung stagnierte. Schumacher: „Die Nationalsozialisten haben sich für die Alten nicht interessiert.“
Nach 1945 lautete die Devise erst recht „Nothilfe“. Bis zum Ende der 50er Jahre seien die Altenheime eher Notunterkünfte gewesen, sagte Schumacher. „Da hat man nicht über Einzel- oder Doppelzimmer nachgedacht, da gab es Säle.“ Erst in den 60ern Jahren habe man in der Altenhilfe begonnen, individuellere Wohn- und Betreuungsangebote zu machen.
Die aktuelle Situation stellt Schumacher noch einmal ganz anders dar. Der Anteil alter Menschen in der Gesellschaft liege bei 25 Prozent und sei damit etwa fünfmal so hoch wie vor 100 Jahren. Die Lebenserwartung steige. Der Christophorus-Geschäftsführer: „Wenn man aus dem Beruf geht, ist man ja nicht alt für heutige Verhältnisse. Es muss uns klar sein, dass das Altsein 30 oder 40 Jahre dauern kann.“ Im Hochalter ein Leben in Würde zu ermöglichen: Das sei heute die große Herausforderung. „Ist es richtig, dass der Markt das regelt?“, fragte Sven Schumacher – und ließ die Antwort offen. Ralf Neite
Info Alten- und Pflegeheim St. Nicolai
Das Alten- und Pflegeheim St. Nicolai hat 89 Plätze – 75 Einzel- und 7 Doppelzimmer in den drei Wohnbereichen Birken-, Kastanien- und Lindenweg. Alle sind belegt (abgesehen von einem Doppelzimmer, das gerade renoviert wird). Die jüngste Bewohnerin ist 63, die älteste 99 Jahre alt.
Die finanzielle Situation des Hauses sei „wirklich stabil und erfreulich“, sagt Hans-Martin Joost von der Diakonie Leine-Innerste. Das gelte auch für die Mitarbeiterschaft. In naher Zukunft sollen die Flure und Gemeinschaftsflächen neu gestaltet werden, anschließend wird der Küchentrakt erneuert. „Und natürlich müssen wir auch für die Substanz sorgen“, so Joost. Doch alle Arbeiten könnten turnusmäßig durchgeführt werden, einen Investitionsstau gebe es nicht. Ralf Neite
Sarstedt. Das letzte Wort beim Festakt hatte Edith Kattner. Die 74-Jährige wohnt gleich gegenüber im Ginsterweg und hat seit vielen Jahren eine enge Beziehung zum Alten- und Pflegeheim St. Nicolai. Sie ist im Besuchsdienst der evangelischen Gemeinde aktiv, außerdem als Hospizhelferin. Edith Kattner überreichte eine große Schale mit Glücksklee als Geburtstagsgeschenk und sagte mit fester Stimme: „Das ist für mich eine Ehre, dieses Amt hier wahrnehmen zu können.“
Am Dienstag, auf den Tag genau 50 Jahre nach seiner Eröffnung, hat das Alten- und Pflegeheim St. Nicolai sein Jubiläum gefeiert. Der Festakt stand im Zeichen der Veränderungen, die die Altenhilfe erlebt hat – und gerade aktuell wieder durchmacht. „Die Menschen werden immer älter“, fasste Bürgermeisterin Heike Brennecke eine Entwicklung zusammen, die ganz Deutschland betrifft und sich auch in Sarstedt bemerkbar macht: Fast 200 der gut 18.000 Einwohner und Einwohnerinnen sind über 90 Jahre alt, 1300 über 80.
Rund 60 Gäste, darunter Ehrenbürgermeister Karl-Heinz Wondratschek, Landtagsabgeordneter Markus Brinkmann und der Elzer Superintendent Christian Castel, waren zum Festakt in die hauseigene Kapelle des Altenheims an der Lindenallee gekommen. „Als ich vor 26 Jahren hier begonnen habe, hätte ich nie gedacht, dass ich heute hier vor Ihnen stehen würde“, sagte Heimleiterin Christine Hoschke gut gelaunt. Später fragte man sich, wen sie wohl mit „Sie“ angesprochen hatte – im Grunde scheint Hoschke mit allen in Sarstedt per Du zu sein.
Hans-Martin Joost, theologischer Vorstand der Diakonie Leine-Innerste, dem Träger des Hauses, erinnerte an die Ursprünge. 1964 hatten engagierte Mitglieder der evangelischen St.-Nicolai-Gemeinde einen Verein gegründet, um einen Altenheim zu schaffen. Damals, so Joost, sei es vor allem darum gegangen, den Kriegswitwen eine Wohnlösung fürs Alter zu bieten. An den Pflegeaspekt habe man kaum gedacht.
Die Gemeinde stellte das Grundstück an der Lindenallee zur Verfügung, 1969 konnten die ersten Bewohnerinnen einziehen. „Wohnen im Alter“ sei lange das Stichwort gewesen, berichtete Joost. „Doch um die Jahrtausendwende sah das auf einmal ganz anders aus.“ Heute stehe nicht mehr das Wohnen, sondern die Pflege mit Mittelpunkt. Joost dankte den Bewohnerinnen und Bewohnern „für Ihr Vertrauen, das Sie in dieses Haus setzen“, und den Mitarbeitenden für Engagement. „Wer in der Altenpflege tätig ist, versieht nicht nur einen Job“
Sven Schumacher, Geschäftsführer des Christophorusstifts in Hildesheim, schlug in seinem Festvortrag zeitlich einen noch weiteren Bogen. Die ersten Altenheime in Deutschland, sagte Schumacher, seien erst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts geschaffen worden. Die Situation sei eine völlig andere gewesen als heute. Nur fünf Prozent der Bevölkerung waren älter als 65, es gab keinen Ruhestand und keine Rente. „Es ging um Nothilfe“, so Schumacher über die ersten Altenheime.
Nach dem 1. Weltkrieg wurde zwar erstmals eine soziale Absicherung eingeführt, doch in der Arbeit der Altenhilfe habe sich nichts Grundlegendes geändert. 1937 gab es in Deutschland rund 1000 diakonische Altenhilfe-Einrichtungen, aber dann begann der 2. Weltkrieg und die Entwicklung stagnierte. Schumacher: „Die Nationalsozialisten haben sich für die Alten nicht interessiert.“
Nach 1945 lautete die Devise erst recht „Nothilfe“. Bis zum Ende der 50er Jahre seien die Altenheime eher Notunterkünfte gewesen, sagte Schumacher. „Da hat man nicht über Einzel- oder Doppelzimmer nachgedacht, da gab es Säle.“ Erst in den 60ern Jahren habe man in der Altenhilfe begonnen, individuellere Wohn- und Betreuungsangebote zu machen.
Die aktuelle Situation stellt Schumacher noch einmal ganz anders dar. Der Anteil alter Menschen in der Gesellschaft liege bei 25 Prozent und sei damit etwa fünfmal so hoch wie vor 100 Jahren. Die Lebenserwartung steige. Der Christophorus-Geschäftsführer: „Wenn man aus dem Beruf geht, ist man ja nicht alt für heutige Verhältnisse. Es muss uns klar sein, dass das Altsein 30 oder 40 Jahre dauern kann.“ Im Hochalter ein Leben in Würde zu ermöglichen: Das sei heute die große Herausforderung. „Ist es richtig, dass der Markt das regelt?“, fragte Sven Schumacher – und ließ die Antwort offen. Ralf Neite
Info Alten- und Pflegeheim St. Nicolai
Das Alten- und Pflegeheim St. Nicolai hat 89 Plätze – 75 Einzel- und 7 Doppelzimmer in den drei Wohnbereichen Birken-, Kastanien- und Lindenweg. Alle sind belegt (abgesehen von einem Doppelzimmer, das gerade renoviert wird). Die jüngste Bewohnerin ist 63, die älteste 99 Jahre alt.
Die finanzielle Situation des Hauses sei „wirklich stabil und erfreulich“, sagt Hans-Martin Joost von der Diakonie Leine-Innerste. Das gelte auch für die Mitarbeiterschaft. In naher Zukunft sollen die Flure und Gemeinschaftsflächen neu gestaltet werden, anschließend wird der Küchentrakt erneuert. „Und natürlich müssen wir auch für die Substanz sorgen“, so Joost. Doch alle Arbeiten könnten turnusmäßig durchgeführt werden, einen Investitionsstau gebe es nicht. Ralf Neite