Werner Hinz geht nach zwölf Jahren Arbeit in der Matthäusgemeinde in den Ruhestand
Hildesheim. „Was ist das denn?“, fragt Pastor Werner Hinz im Flur der Matthäuskirche. Seiner Kirche. Auf dem Boden liegen zwei große Holzpaletten, umwickelt mit schwarzer Folie. Man muss sie achtsam umrunden, um nicht zu stolpern. „Ah, das müssen die neuen Stellwände sein“, vermutet der 65-Jährige. Er sei vier Tage nicht da gewesen, sagt er entschuldigend, Konfirmandenfreizeit in Berlin. „Zum gefühlt 50. Mal“, sagt er, und es klingt nicht wie ein Jammern, sondern als sei jeder einzelne Ausflug noch gut in Erinnerung. Nun geht Werner Hinz in den Ruhestand, Ende Oktober ist es so weit.
Dann setzt sich Hinz in einen der orangefarbenen Sessel seines Büros und beginnt zu erzählen. Von Mexiko und Venezuela. Und plötzlich verschwindet sein Büro, verschwindet Hildesheim. Man hört Geschichten von Leid und Elend, aber auch von Hoffnung und Hilfsbereitschaft. Hier spricht nicht irgendein Pastor, sondern einer, der die Bedürftigkeit der Menschen anders kennengelernt hat als die meisten seiner Kolleginnen und Kollegen. Einer, der „ein Leben voller unfreiwilliger Abenteuer“ geführt hat. Ein Leben, in dem er mehrmals dem Tod ins Auge blickt, buchstäblich über Leichen geht, Leben rettet und Menschen mit Taten und Worten Zuflucht gewährt.
Doch zunächst läuft alles ganz normal. Hinz wächst als Sohn eines Pastors im beschaulichen Bad Eilsen im Landkreis Schaumburg auf. Seine Noten sind gut, er will Arzt werden, entscheidet sich um und studiert Theologie in München und Göttingen. Anschließend arbeitet er vier Jahre mit seinem Vater in Bad Eilsen. Dann der Wendepunkt. Hinz wird in Mexico-Stadt Pastor in der deutschsprachigen Gemeinde. Er ist 31 Jahre alt. Seine Frau bleibt für eineinhalb Jahre zum Studium in Deutschland. Eine schwierige Zeit, ohne Internet, ohne unmittelbare Kommunikation. „Mexico hat mich sofort aufgesaugt“, sagt Hinz, „man war weg, richtig weg.“ Er kümmert sich neben der Gemeindearbeit um Flüchtlinge aus den Kriegswirren Zentralamerikas, sucht einen Weg, mit der deutschen Gemeinde Hilfe zu leisten in einem Umfeld von Drogenhandel, Korruption und Bedrohung. „Es ist ein wunderschönes Land“, sagt Hinz, „aber die Luft war in jeder Hinsicht sehr bleihaltig.“ Und doch bleibt er über acht Jahre.
Dann kehrt er zurück nach Deutschland, arbeitet in Stadthagen. Aber nicht lange. 1994, nach nur vier Jahren, zerrt die Ferne an ihm. Das Abenteuer. Er will helfen, mehr tun als bloß über das Leid reden. „Es wird viel zu viel geredet“, meint Hinz. Zusammen mit seiner Frau und den vier Kindern zieht er nach Caracas, Venezuela. „Irgendwie war die Arbeit intensiver“, erinnert sich Hinz, „es ging bei den Sorgen der einfachen Menschen dort um Leben und Tod, um Essen und Hungern.“ Wo wenig ist, sind Erfolge schnell sichtbar. Er baut ein kleines Krankenhaus, Schulen und Häuser. Mit Spenden aus den Heimatgemeinden in Deutschland. Nach einem schweren Erdrutsch fährt er mit vielen HelferInnen aus seiner Gemeinde in entlegene Dörfer und leistet Hilfe zum Überleben und Wiederaufbau. 2003 kehrt er zurück nach Deutschland, wird Pastor in Hildesheim.
Werner Hinz kann womöglich stundenlang von seinen Erlebnissen in Südamerika erzählen. Erlebnisse, die ihn geprägt haben und auch die Arbeit mit Geflüchteten in Hildesheim. Mehrmals gewährte die Matthäusgemeinde Kirchenasyl, um Menschen vor der Abschiebung zu schützen. Ein Pastor muss politisch sein, ist Hinz überzeugt. Die Arbeit mit Flüchtlingen wird er in der Hildesheimer Hilfsorganisation „Flux“ weiterführen. Den Vorsitz des Trägerkreises Beratungsstelle für Arbeitslose hat er an Pastor Jochen Grön übergeben. „Es gibt Dinge, die müssen getan werden“, so Hinz, „der Spaßfaktor ist überschaubar, aber darum geht es nicht.“ Die Jugendarbeit hingegen werde ihm fehlen. Im Februar übernimmt zu seiner Freude eine junge Pastorin die Gemeinde. Wie es jetzt weitergeht? „Ich befolge den Rat eines Freundes“, sagt Hinz: „Mach dir keine Pläne.“ Christoph Möller
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Mexiko, Venezuela, Hildesheim – Werner Hinz war viel unterwegs, seine nächste Station ist der Ruhestand. Foto: Möller
Hildesheim. „Was ist das denn?“, fragt Pastor Werner Hinz im Flur der Matthäuskirche. Seiner Kirche. Auf dem Boden liegen zwei große Holzpaletten, umwickelt mit schwarzer Folie. Man muss sie achtsam umrunden, um nicht zu stolpern. „Ah, das müssen die neuen Stellwände sein“, vermutet der 65-Jährige. Er sei vier Tage nicht da gewesen, sagt er entschuldigend, Konfirmandenfreizeit in Berlin. „Zum gefühlt 50. Mal“, sagt er, und es klingt nicht wie ein Jammern, sondern als sei jeder einzelne Ausflug noch gut in Erinnerung. Nun geht Werner Hinz in den Ruhestand, Ende Oktober ist es so weit.
Dann setzt sich Hinz in einen der orangefarbenen Sessel seines Büros und beginnt zu erzählen. Von Mexiko und Venezuela. Und plötzlich verschwindet sein Büro, verschwindet Hildesheim. Man hört Geschichten von Leid und Elend, aber auch von Hoffnung und Hilfsbereitschaft. Hier spricht nicht irgendein Pastor, sondern einer, der die Bedürftigkeit der Menschen anders kennengelernt hat als die meisten seiner Kolleginnen und Kollegen. Einer, der „ein Leben voller unfreiwilliger Abenteuer“ geführt hat. Ein Leben, in dem er mehrmals dem Tod ins Auge blickt, buchstäblich über Leichen geht, Leben rettet und Menschen mit Taten und Worten Zuflucht gewährt.
Doch zunächst läuft alles ganz normal. Hinz wächst als Sohn eines Pastors im beschaulichen Bad Eilsen im Landkreis Schaumburg auf. Seine Noten sind gut, er will Arzt werden, entscheidet sich um und studiert Theologie in München und Göttingen. Anschließend arbeitet er vier Jahre mit seinem Vater in Bad Eilsen. Dann der Wendepunkt. Hinz wird in Mexico-Stadt Pastor in der deutschsprachigen Gemeinde. Er ist 31 Jahre alt. Seine Frau bleibt für eineinhalb Jahre zum Studium in Deutschland. Eine schwierige Zeit, ohne Internet, ohne unmittelbare Kommunikation. „Mexico hat mich sofort aufgesaugt“, sagt Hinz, „man war weg, richtig weg.“ Er kümmert sich neben der Gemeindearbeit um Flüchtlinge aus den Kriegswirren Zentralamerikas, sucht einen Weg, mit der deutschen Gemeinde Hilfe zu leisten in einem Umfeld von Drogenhandel, Korruption und Bedrohung. „Es ist ein wunderschönes Land“, sagt Hinz, „aber die Luft war in jeder Hinsicht sehr bleihaltig.“ Und doch bleibt er über acht Jahre.
Dann kehrt er zurück nach Deutschland, arbeitet in Stadthagen. Aber nicht lange. 1994, nach nur vier Jahren, zerrt die Ferne an ihm. Das Abenteuer. Er will helfen, mehr tun als bloß über das Leid reden. „Es wird viel zu viel geredet“, meint Hinz. Zusammen mit seiner Frau und den vier Kindern zieht er nach Caracas, Venezuela. „Irgendwie war die Arbeit intensiver“, erinnert sich Hinz, „es ging bei den Sorgen der einfachen Menschen dort um Leben und Tod, um Essen und Hungern.“ Wo wenig ist, sind Erfolge schnell sichtbar. Er baut ein kleines Krankenhaus, Schulen und Häuser. Mit Spenden aus den Heimatgemeinden in Deutschland. Nach einem schweren Erdrutsch fährt er mit vielen HelferInnen aus seiner Gemeinde in entlegene Dörfer und leistet Hilfe zum Überleben und Wiederaufbau. 2003 kehrt er zurück nach Deutschland, wird Pastor in Hildesheim.
Werner Hinz kann womöglich stundenlang von seinen Erlebnissen in Südamerika erzählen. Erlebnisse, die ihn geprägt haben und auch die Arbeit mit Geflüchteten in Hildesheim. Mehrmals gewährte die Matthäusgemeinde Kirchenasyl, um Menschen vor der Abschiebung zu schützen. Ein Pastor muss politisch sein, ist Hinz überzeugt. Die Arbeit mit Flüchtlingen wird er in der Hildesheimer Hilfsorganisation „Flux“ weiterführen. Den Vorsitz des Trägerkreises Beratungsstelle für Arbeitslose hat er an Pastor Jochen Grön übergeben. „Es gibt Dinge, die müssen getan werden“, so Hinz, „der Spaßfaktor ist überschaubar, aber darum geht es nicht.“ Die Jugendarbeit hingegen werde ihm fehlen. Im Februar übernimmt zu seiner Freude eine junge Pastorin die Gemeinde. Wie es jetzt weitergeht? „Ich befolge den Rat eines Freundes“, sagt Hinz: „Mach dir keine Pläne.“ Christoph Möller
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Mexiko, Venezuela, Hildesheim – Werner Hinz war viel unterwegs, seine nächste Station ist der Ruhestand. Foto: Möller