"Ich will keine neutralen Lehrer"

Fri, 22 Feb 2019 18:50:33 +0000 von Ralf Neite

Kultusminister Tonne spricht über Inklusion, Digital-Pakt und Demokratiebildung

Hildesheim. Der niedersächsische Kultusminister Grant Hendrik Tonne hat beim Jahresempfang der Stiftung Familien in Not (FiN) am Donnerstagabend über die aktuelle Bildungspolitik gesprochen. Dabei trat der SPD-Politiker dafür ein, beim Thema Inklusion den bisherigen Kurs beizubehalten. Und er stärkte Lehrern den Rücken, die sich gegen Rechtspopulismus positionieren.

Teilhabe für Kinder und Jugendliche sei für ihn Ziel aller politischer Maßnahmen, erklärte er bei seinem Vortrag in der Hildesheimer Lukasgemeinde. Auch Armut könne die Teilhabe an Bildung und dem sozialem Leben bedrohen. Darum sei die Abschaffung der Gebühren für Kindertagesstätten ein richtiger Schritt. „Kitas haben einen zunehmend wichtigen Bildungsauftrag", betonte Tonne. „Und Bildung darf kein Luxusgut sein.

Die Inklusion von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung sei in diesem Zusammenhang ebenso wichtig. Denn Teilhabe sollte auch unabhängig von Handicaps und Unterstützungsbedarf sein. Dass es dabei noch viel zu erledigen und auch hohe Belastungen gebe, sei unbestritten. „Aber dass die Debatte genutzt wird, um einen Strich darunter zu ziehen und zu sagen, dass es gescheitert ist, finde ich gefährlich", sagte er zu aktuellen Vorstößen, den inklusiven Unterricht wieder abzuschaffen und zum Förderschulsystem zurückzukehren.

Man dürfe Probleme auf keinen Fall verschweigen. Doch die Inklusion an sich sei nicht verhandelbar, sagte Tonne. Er forderte vielmehr individuelle Unterstützung für die Schulen. „Wir müssen sehr genau auf die einzelne Schule schauen. Es gibt nicht die eine richtige Lösung."

Der Minister lobte auch den Digitalpakt, mit dem die Bundesregierung die Digitalisierung an Schulen fördern möchte. Neben dem Rechnen und Schreiben sollte der Umgang mit Computer und Smartphone selbstverständlich zum Unterricht gehören. „Die Schule ist der einzige Ort, an dem wir alle Kinder erreichen. Und deshalb gehört das Lernen mit digitalen Medien in die Schulen."

Ebenso wie die digitalen Medien sollte auch die Demokratiebildung eine größere Rolle im Schulunterricht spielen. Dabei spielte Tonne auf das Onlineportal der niedersächsischen AfD an, auf dem SchülerInnen politische Äußerungen ihrer LehrerInnen melden können. „Ich will keine neutralen Lehrer", betonte er. „Ich will, dass sie eine Meinung haben und diese auch kundtun." Nur so rege man Diskussionen und kritisches Nachdenken an.

Der Minister bedankte sich auch für das Engagement der Stiftung Familien in Not in der Region: „Sie setzen sich in vielfältiger und effektiver Weise für die Familien in Hildesheim ein." Seit der Gründung von FiN im Jahr 2005 dient die Stiftung als Anlaufstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche in Problemlagen. „Wir wollen niedrigschwellig, zentral und unbürokratisch helfen", erklärt Gisela Sowa, Koordinatorin der Stiftung.

Menschen, die sich an sie wenden, haben häufig Schicksalsschläge wie Trennungen, Erkrankungen oder Todesfälle in der Familie erlitten. Ihnen hilft Sowa, die richtige Unterstützung zu finden. Dabei arbeitet sie eng mit anderen sozialen Diensten und Anlaufstellen des Diakonischen Werkes zusammen. „Die Stiftung steht für unbürokratische Hilfe und ganzheitliche Begleitung", ergänzt Superintendent Mirko Peisert. Davon würden vor allem Familien profitieren, die sonst durch das soziale Raster fallen.

Im Rahmen des Jahresempfangs stellte Sowa auch ein ganz neues Angebot von FiN vor. Studentinnen der Universität Hildesheim haben in einem Projektsemester kostenlose und preisgünstige Freizeitangebote für Familien in Hildesheim zusammengestellt. Die Ergebnisse werden nun auf der Webseite von FiN und auf einem Flyer präsentiert. Julia Dittrich

Nähere Infos: www.fin-hildesheim.de
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