Positionen und Antworten finden

Wed, 20 Apr 2016 13:04:20 +0000 von Ralf Neite

Konfirmation vor 350 Jahren und heute: 450 Jugendliche im Kirchenkreis Hildesheim-Sarstedt lassen sich in diesen Wochen segnen

Hildesheim. Vor 350 Jahren kannte man die Konfirmation nur in einem kleinen Teil Hessens. Doch dann sorgte der Pietist Philipp Jakob Spener dafür, dass sich die Sitte immer mehr ausbreitete: ein starker, alljährlicher Ritus, um das Taufversprechen zu bekräftigen und junge Menschen im Glauben zu bestärken. Das ist bis heute so geblieben. In diesen Wochen lassen sich in den Gemeinden des Kirchenkreises Hildesheim-Sarstedt 450 Jugendliche konfirmieren und dabei segnen.

Im 17. Jahrhundert ging es freilich noch anders zu. Damals wurde vor allem Luthers Katechismus gepaukt. Heute stehen die Gemeinschaft und die großen Fragen des Lebens im Vordergrund. Allerdings: Auswendig lernen gehört noch immer dazu – überall mindestens das Glaubensbekenntnis, das Vater unser, die zehn Gebote und der 23. Psalm. Mancherorts, wie im Gemeindeverbund Sarstedt, auch noch etwas mehr, „weil ich festgestellt habe, dass es die Menschen durch ihr ganzes Leben begleitet und stützt“, sagt Christiane Schiwek, die dort Pastorin ist und zugleich Beauftragte des Kirchenkreises für die Arbeit mit KonfirmandInnen.

Im Mittelpunkt des Unterrichts stehe natürlich etwas anderes, so Christiane Schiwek: „Ich versuche, die Jugendlichen selbstständig zu machen: Positionen und Antworten zu finden. Und ich möchte, dass sie merken: Gemeinde ist mehr als Konfirmationsunterricht und Gottesdienste.“

In Sarstedt ist die Konfirmationswelt noch in Ordnung. Auf die Frage, warum er teilgenommen habe, sagt Finn Fietz aus Ahrbergen, 13, der jetzt konfirmiert wird: „Das war klar. Weil die anderen aus der Familie das auch gemacht haben.“ Die meisten in seinem Alter sehen das ähnlich. Fast alle Kinder und Jugendlichen aus evangelischen Familien in Sarstedt und Umgebung melden sich an.

Anders die Situation in der Großstadt. Dort wird die Tradition längst nicht mehr als Selbstverständlichkeit empfunden. In den Hildesheimer Innenstadt-Gemeinden etwa meldet sich nur knapp die Hälfte der Jugendlichen, die in Frage kommen, zum Unterricht an. Detlef Albrecht, Pastor an St. Andreas, sieht das aber nicht nur negativ: „Die Familien haben sich sehr bewusst dafür entschieden.“

Und sie haben eine gute Entscheidung getroffen, findet Detlef Albrecht. „Der Konfirmationsunterricht öffnet eine Dimension des Lebens, die in der Gesellschaft einfach geringer wird“, so der Pastor. „Natürlich hängt auch das Kennenlernen der Wurzeln des christlichen Abendlandes damit zusammen“, sagt er weiter. „Und es geht auch um Zusammenhalt, um gegenseitige Rücksichtnahme. Ich glaube wirklich, dass es wertvoll ist, diesen Unterricht mitzumachen.“

Angelina Braun aus Sarstedt, 13, kann das bestätigen: „Wir haben viel dazu gelernt und über Sachen gesprochen, über die wir sonst nicht so nachgedacht haben.“ Alexander Wöckener aus Gleidingen, 15, hebt noch einen anderen Punkt hervor: „Mit der Konfirmation ist man ein vollwertiges Mitglied der Gemeinde. Ich finde es gut, nicht mehr als Kind oder Konfirmand angesehen zu werden.“

Die Wege zur Konfirmation sind in den Gemeinden des Kirchenkreises sehr verschieden. Da gibt es den klassischen zweijährigen, wöchentlichen Unterricht. Das Blockmodell mit Wochenend-Kursen. Das Jahresmodell mit einer zeitlich konzentrierten Lösung. Oder das so genannte Hoyaer Modell, auch KU4 genannt: Hier beginnt der Unterricht schon in der vierten Grundschulklasse, wird in dieser Phase überwiegend von den Eltern geleitet. Drei Jahre Pause folgen, in denen es aber noch vereinzelte Angebote wie Gottesdienste, Aktionen und Ausflüge gibt. Den Abschluss bildet das zweite Konfirmationsjahr, wenn das achte Schuljahr erreicht wird.

Man könne die einzelnen Modelle nicht gegeneinander stellen, meint Christiane Schiwek. Wichtig sei, dass die Unterrichtsformen auf die Bedürfnisse der TeilnehmerInnen abgestimmt sind. In Sarstedt etwa seien Wochenendblocks kaum machbar, weil viele Jugendliche in Vereinen aktiv sind. Pastorin Schiwek: „Bei uns nehmen ja noch fast alle teil, da wäre dann manchmal eine ganze Mannschaft nicht spielfähig.“ Im Kirchenkreis funktioniere das überwiegend gut: „In vielen Gemeinden wir die Konfirmandenarbeit sehr wichtig genommen, da sind die meisten sehr gut aufgestellt.“

Und was kommt nach der Konfirmation? Gehen die Jugendlichen weiterhin in Gottesdienste, wenn sie nicht mehr eine Mindestanzahl von Besuchen nachweisen müssen? Viele werden es wohl ähnlich halten wie Angelina Braun: „Ich glaube, dass ich zu Weihnachten nochmal hingehe. Oder wenn's passt.“ Christiane Schiwek kann mit dieser Aussage gut leben: „Ich finde es völlig berechtigt, sich zu überlegen: Ist das die Form, wie ich meinen Glauben leben möchte?“ Ralf Neite

Bilder:

Bei der Apfelernte konnten die Kinder im Forschungsgut in Ruthe einmal hautnah erleben, wie Äpfel geerntet und dann auch zu Apfelsaft gepresst werden. Viele Familien machten mit.

Nur wenige Tage bis zur Konfirmation: Finn Fietz, Pastorin Christiane Schiwek, Angelina Braun und Alexander Wöckener im Gespräch.
Bestätigen

Bist du sicher?