Hundertmal volle Bänke

Tue, 13 Jun 2017 10:27:38 +0000 von Ralf Neite

Veranstaltungsreihe Literatur und Musik fand zum einhundertsten Mal im Kloster Marienrode statt

Hildesheim. Es begann als eine Idee bei einem Strandspaziergang. Nun gibt es die Veranstaltungsreihe „Literatur und Musik“ im Kloster Marienrode bereits seit 19 Jahren. Am Sonntag fand in der Torkapelle St. Cosmas und Damian die einhundertste Lesung aus der Reihe statt – mit prominenten Vortragenden. Landessuperintendent Eckhard Gorka, Oberbürgermeister Ingo Meyer und Wolfgang-Uwe Friedrich, Präsident der Universität Hildesheim, stellten unter der Überschrift "Der Text der mich begleitet" sehr unterschiedliche literarische Werke vor.

Entstanden ist die Idee der Lesungsreihe ursprünglich durch die Expo 2000. 1998 überlegte Jürgen Plötze, damals Pastor in St. Cosman und Damian, gemeinsam mit Hans-Herbert Wintgens, dass auch das kleine Marienrode im Expo-Jahr einen kulturellen Beitrag leisten könnte. 1999 folgte der erste Probedurchlauf. Das Konzept der Veranstaltung hat sich seitdem nicht verändert. Die eingeladenen Referenten stellen Literatur aus ihrem eigenen Bücherschrank zusammen oder lesen auch mal eigene Texte.

"Wir wollen nicht nur vorne mit marschieren und neue Autoren vorstellen", erklärt Wintgens. "Wir möchten auch an länger bestehende Literatur erinnern." So entstehe ein sehr vielfältiges Programm. Dazu gehörte von Anfang an auch die Musik. Immer wieder konnte Wintgens Musiker gewinnen, die zwischen den einzelnen Lesungen spielten und so zu der besonderen Stimmung beitrugen. Bei der einhundertsten Ausgabe von Literatur und Musik sorgen die Sopranistin Silke Glatzel Jacobsen und der Pianist Hans-Jürgen Hahn für die musikalische Gestaltung des Nachmittages.

Trotz schönstem Sommerwetter sind die Bänke in der kleinen Kirche bis auf den letzten Platz gefüllt. Dass die Lesungen in 19 Jahren immer gut besucht waren, sei auch der Grund, dass es die Lesungsreihe heute überhaupt noch gebe, berichtet Wintgens. "Nach der Expo 2000 wollten wir die Reihe noch einmal im Jahr 2001 fortsetzen. Danach, so dachten wir, würde es sich verlaufen." Dem war aber nicht so. "Wir hatten immer ein volles Haus. Wir waren selbst ganz erstaunt."

Und so ist es auch 19 Jahre später noch. Zum Jubiläum haben sich die Referenten Texte ausgesucht, die in ihrem Leben immer wieder eine Rolle spielten. Eckhard Gorka entschied sich für die Mahn- und Streitschrift "An den christlichen Adel deutscher Nation", die Martin Luther im Jahre 1520 verfasste. Er spickte seine Lesung mit zahlreichen Kommentaren und Bezügen zur neueren Zeitgeschichte. Ingo Meyer wählte Texte aus der Biografie "Alfred Herrhausen - Macht, Politik und Moral" von Dieter Balkhausen über den 1990 ermordeten Bankier. Seit seinem Studium sei ihm der Name Herrhausen immer wieder begegnet. Er habe die Texte gewählt, da er den Bankmanager als mächtigen Menschen mit großer Moral schätze.

Besonders überraschte aber Wolfgang-Uwe Friedrich durch seine Literaturauswahl. Er entschied sich für das spätromantische Gedicht "Die Mondnacht" von Joseph von Eichendorf. Dieses begleite ihn allein dadurch, dass es zu Hause über seinem Schreibtisch hinge. "Wenn ich abends meinen Computer ausschalte lese ich 'meine Seele spannte weit ihre Flügel aus'."

Viermal kann man Literatur und Musik in diesem Jahr noch erleben, der nächste Termin ist Am 2. Juli. Ilse Dannehl liest unter der Überschrift "Nicht mitzuhassen - mitzulieben bin ich da". Julia Dittrich

Bilder

Hans-Herbert Wintgens (r.) durfte zur hundertsten Ausgabe von Literatur und Musik drei prominente Referenten begrüßen (v.l.): Universitätspräsident Wolfgang-Uwe Friedrich, Landessuperintendent Eckhard Gorka und Oberbürgermeister Ingo Meyer.

Pastor Eberhard Blanke (r.) bedankte sich bei Hans-Herbert Wintgens für 19 Jahre Engagement für Literatur und Musik.

Auch bei der hundertsten Veranstaltung der Reihe Literatur und Musik war die Kirche bis auf den letzten Platz besetzt.
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