Landessuperintendent Gorka erinnerte an die großherzige Hilfsbereitschaft eines jüdischen US-Amerikaners nach dem Zweiten Weltkrieg
Zu einer besonderen Andacht hatte Landessuperintendent Eckhard Gorka am Abend des 9. November in das Südschiff der Michaeliskirche eingeladen. Beim Jahrestreffen der Sprecher der Lektoren und Prädikanten und der Beauftragten für den Lektorendienst aus dem Nordbereich des Sprengels Hildesheim-Göttingen erinnerte der leitende Geistliche an die großherzige Hilfsbereitschaft Bernhard R. Armours, US-Amerikaner jüdischen Glaubens, beim Wiederaufbau der Michaeliskirche.
Am 22. März 1945 hatten sich die Kampfverbände britischer und der kanadischer. Bombenflugzeuggruppen vor Hildesheim vereinigt und ihre Bombenfracht über der niedersächsischen Stadt abgeworfen. Am Abend lag die Altstadt in Trümmern, mit ihr die alten historischen Kirchen. Mit dem Überfall auf Polen hatte das nationalsozialistische Deutschland knapp sechs Jahre zuvor den Zweiten Weltkrieg begonnen. Im Krieg bekam die Verfolgung, Deportation und Ermordung der jüdischen Bürgerinnen und Bürger in Deutschland und in den durch Deutschland okkupierten Staaten eine neue, grausame Qualität. Vorausgegangen waren Schreckensjahre für die jüdische Bevölkerung im deutschen Reich. Das Verbrennen der Synagogen, die brutalen Übergriffe auf Menschen jüdischen Glaubens, Plünderungen jüdischer Geschäfte, alles das hatte in den 30er Jahren zugenommen und am 9. November 1938 in Pogromen und Ausschreitungen überall im Reichsgebiet eine erste entsetzliche Kulmination erfahren. Auch die Hildesheimer Synagoge war angezündet und zerstört worden in dieser, propagandistisch verbrämt so genannten „Reichkristallnacht“.
Dass nach den deutschen Gräueltaten überall auf dem europäischen Kontinent, dass nach industriellem Massenmord in Konzentrations- und Vernichtungslagern eine Verständigung zwischen Menschen jüdischen Glaubens und den Angehörigen des Volks der Täter möglich wurde, ist ein großes, glückliches Wunder. Zumal die Intention und die Einladung dazu von den Verfolgten und Opfern ausgingen. Zu diesem Wunder gehört auch die Unterstützung für den Wiederaufbau der Michaeliskirche durch Bernhard „Barney“ Armour.
Mitten in den Ruinen der Michaeliskirche stand in den warmen Frühlingstagen des Jahres 1945 Kurt Degener, Pastor der Michaeliskirche von 1939 bis 1949. Woher Degener die Kraft nahm, an den Wiederaufbau der Kirche zu glauben und ihn in den kommenden Jahren in Angriff zu nehmen, ist eine Mischung aus Gottvertrauen und Tatkraft. Eine Tatkraft, die Unterstützung findet in einem ebenso tatkräftigen Mann in den USA.
Ohne die Briefbekanntschaft zwischen Bernhard R. Armour, US-Amerikaner jüdischen Glaubens, und Kurt Degener hätte es von 1946 bis 1949 an Motivation gemangelt, das Werk des Wiederaufbaus anzugehen. Es ist fraglich, ob die Michaeliskirche dann überhaupt wieder als kompletter Bau errichtet worden wäre oder ob man sich auf eine teilweise Restaurierung des Hohen Chores und der Grablege Bernwards beschränkt hätte.
135 Briefe geben Aufschluss über diese zentrale Zeit in der Geschichte der Michaeliskirche, sie sind 2004 durch Manfred Overersch ediert, kommentiert und in einem dicken Buch herausgegeben worden. Der damalige US-Botschafter in Deutschland, Daniel Coats, und Landesbischöfin Margot Käßmann, unterstreichen in ihren Vorworten die Besonderheit des christlich-jüdischen Dialogs zum Wiederaufbau der Kirche. Doch wie kam es zur Bekanntschaft zwischen Bernhard „Barney“ Armour und Kurt Degener?
Degeners Bruder Fritz war 1930 in die USA ausgewandert. Er hatte in der chemischen Industrie gearbeitet und war in den 20er Jahren in Dresden und Berlin einige Male Bernhard Armour begegnet. Beide hatten sich angefreundet und Armour machte Fritz Degener zu seinem Filialleiter der Heyden-Corporation in Chicago. Hergestellt wurde Acetylsalicylsäure, Antirheumatika, Süßstoffe und seit 1941 auch Penicillin. Über Fritz Degener erfuhr Barney Armour von den zerbombten Städten Deutschlands. Besonders die Berichte Kurt Degeners aus Hildesheim müssen so eindrücklich gewesen sein, dass sie Armour bewogen, den Kontakt zu suchen und Pastor Degener anzubieten, ihn zu unterstützen. Auch für den Wiederaufbau der Michaeliskirche.
So kam es zu einer Vielzahl von Briefen zwischen beiden. Dazu rund 250 Care-Pakete, in denen Kaffee, Medikamente, Bekleidung, Bettwäsche, Stoffe, Nähgarn und Lebensmittel von Bernhard Armour an Familie Degener geschickt wurden. Kaffee als aufbauendes und motivierendes Getränk in den Arbeitspausen, die die Trümmerfrauen in den Resten der Michaeliskirche einlegten, später dann für die Pausen der Handwerker. Bekleidung und Schuhe für Kurt Degeners Kinder, für Degeners Ehefrau und ihn selbst. An Finanzmitteln spendete Barney Armour rund 80.000 DM zum Wiederaufbau der Michaeliskirche. Dass es nicht zu einer noch größeren Summe kam, lag in erster Linie am Tod Barney Armours, der am 1. Dezember 1949 verstarb.
An ihn erinnert heute eine Inschrifttafel vor dem südlichen Durchganz zur Krypta. Sie verdeutlicht die Großzügigkeit und Großherzigkeit, die St. Michael, Pastor Kurt Degener und seine Kirchengemeinde direkt nach Zweiten Weltkrieg geschenkt bekamen.
Zu einer besonderen Andacht hatte Landessuperintendent Eckhard Gorka am Abend des 9. November in das Südschiff der Michaeliskirche eingeladen. Beim Jahrestreffen der Sprecher der Lektoren und Prädikanten und der Beauftragten für den Lektorendienst aus dem Nordbereich des Sprengels Hildesheim-Göttingen erinnerte der leitende Geistliche an die großherzige Hilfsbereitschaft Bernhard R. Armours, US-Amerikaner jüdischen Glaubens, beim Wiederaufbau der Michaeliskirche.
Am 22. März 1945 hatten sich die Kampfverbände britischer und der kanadischer. Bombenflugzeuggruppen vor Hildesheim vereinigt und ihre Bombenfracht über der niedersächsischen Stadt abgeworfen. Am Abend lag die Altstadt in Trümmern, mit ihr die alten historischen Kirchen. Mit dem Überfall auf Polen hatte das nationalsozialistische Deutschland knapp sechs Jahre zuvor den Zweiten Weltkrieg begonnen. Im Krieg bekam die Verfolgung, Deportation und Ermordung der jüdischen Bürgerinnen und Bürger in Deutschland und in den durch Deutschland okkupierten Staaten eine neue, grausame Qualität. Vorausgegangen waren Schreckensjahre für die jüdische Bevölkerung im deutschen Reich. Das Verbrennen der Synagogen, die brutalen Übergriffe auf Menschen jüdischen Glaubens, Plünderungen jüdischer Geschäfte, alles das hatte in den 30er Jahren zugenommen und am 9. November 1938 in Pogromen und Ausschreitungen überall im Reichsgebiet eine erste entsetzliche Kulmination erfahren. Auch die Hildesheimer Synagoge war angezündet und zerstört worden in dieser, propagandistisch verbrämt so genannten „Reichkristallnacht“.
Dass nach den deutschen Gräueltaten überall auf dem europäischen Kontinent, dass nach industriellem Massenmord in Konzentrations- und Vernichtungslagern eine Verständigung zwischen Menschen jüdischen Glaubens und den Angehörigen des Volks der Täter möglich wurde, ist ein großes, glückliches Wunder. Zumal die Intention und die Einladung dazu von den Verfolgten und Opfern ausgingen. Zu diesem Wunder gehört auch die Unterstützung für den Wiederaufbau der Michaeliskirche durch Bernhard „Barney“ Armour.
Mitten in den Ruinen der Michaeliskirche stand in den warmen Frühlingstagen des Jahres 1945 Kurt Degener, Pastor der Michaeliskirche von 1939 bis 1949. Woher Degener die Kraft nahm, an den Wiederaufbau der Kirche zu glauben und ihn in den kommenden Jahren in Angriff zu nehmen, ist eine Mischung aus Gottvertrauen und Tatkraft. Eine Tatkraft, die Unterstützung findet in einem ebenso tatkräftigen Mann in den USA.
Ohne die Briefbekanntschaft zwischen Bernhard R. Armour, US-Amerikaner jüdischen Glaubens, und Kurt Degener hätte es von 1946 bis 1949 an Motivation gemangelt, das Werk des Wiederaufbaus anzugehen. Es ist fraglich, ob die Michaeliskirche dann überhaupt wieder als kompletter Bau errichtet worden wäre oder ob man sich auf eine teilweise Restaurierung des Hohen Chores und der Grablege Bernwards beschränkt hätte.
135 Briefe geben Aufschluss über diese zentrale Zeit in der Geschichte der Michaeliskirche, sie sind 2004 durch Manfred Overersch ediert, kommentiert und in einem dicken Buch herausgegeben worden. Der damalige US-Botschafter in Deutschland, Daniel Coats, und Landesbischöfin Margot Käßmann, unterstreichen in ihren Vorworten die Besonderheit des christlich-jüdischen Dialogs zum Wiederaufbau der Kirche. Doch wie kam es zur Bekanntschaft zwischen Bernhard „Barney“ Armour und Kurt Degener?
Degeners Bruder Fritz war 1930 in die USA ausgewandert. Er hatte in der chemischen Industrie gearbeitet und war in den 20er Jahren in Dresden und Berlin einige Male Bernhard Armour begegnet. Beide hatten sich angefreundet und Armour machte Fritz Degener zu seinem Filialleiter der Heyden-Corporation in Chicago. Hergestellt wurde Acetylsalicylsäure, Antirheumatika, Süßstoffe und seit 1941 auch Penicillin. Über Fritz Degener erfuhr Barney Armour von den zerbombten Städten Deutschlands. Besonders die Berichte Kurt Degeners aus Hildesheim müssen so eindrücklich gewesen sein, dass sie Armour bewogen, den Kontakt zu suchen und Pastor Degener anzubieten, ihn zu unterstützen. Auch für den Wiederaufbau der Michaeliskirche.
So kam es zu einer Vielzahl von Briefen zwischen beiden. Dazu rund 250 Care-Pakete, in denen Kaffee, Medikamente, Bekleidung, Bettwäsche, Stoffe, Nähgarn und Lebensmittel von Bernhard Armour an Familie Degener geschickt wurden. Kaffee als aufbauendes und motivierendes Getränk in den Arbeitspausen, die die Trümmerfrauen in den Resten der Michaeliskirche einlegten, später dann für die Pausen der Handwerker. Bekleidung und Schuhe für Kurt Degeners Kinder, für Degeners Ehefrau und ihn selbst. An Finanzmitteln spendete Barney Armour rund 80.000 DM zum Wiederaufbau der Michaeliskirche. Dass es nicht zu einer noch größeren Summe kam, lag in erster Linie am Tod Barney Armours, der am 1. Dezember 1949 verstarb.
An ihn erinnert heute eine Inschrifttafel vor dem südlichen Durchganz zur Krypta. Sie verdeutlicht die Großzügigkeit und Großherzigkeit, die St. Michael, Pastor Kurt Degener und seine Kirchengemeinde direkt nach Zweiten Weltkrieg geschenkt bekamen.