Toleranz als Voraussetzung für eine Kultur des Friedens

Tue, 13 Nov 2018 16:14:32 +0000 von Ralf Neite

Fortsetzung der Reihe BBS-Lectures / „Man muss nicht alles gut finden“

Alfeld. Toleranz wird heute immer und überall eingefordert – gegenüber anders denkenden, anders glaubenden, anders liebenden oder anders aussehenden Menschen. Aber was bedeutet der Begriff überhaupt genau? Und wo muss Toleranz ihre Grenzen haben? Um dieses Thema ging es im Vortrag von Prof. Dr. Klaus Grünwaldt in der Reihe BBS-Lectures an den Berufsbildenden Schulen Alfeld.

Seit vier Jahren organisiert Schulpastor Dr. Matthias Günther jährlich einen Vortrag für die Jahrgänge 12 und 13 über ein gesellschaftlich relevantes Thema, um die Auseinandersetzung mit Fragen jenseits des Unterrichtsstoffs zu fördern. Gleichzeitig erhalten die Oberstufenschüler und –schülerinnen dadurch einen Vorgeschmack auf den Vorlesungsbetrieb der Universitäten.

Prof. Dr. Klaus Grünwaldt ist als Oberlandeskirchenrat der evangelischen Landeskirche Hannovers zuständig für theologische Grundsatzfragen und lehrt am Institut für Theologie der Leibniz-Universität Hannover im Fach Altes Testament. In Alfeld kennt er sich aus; war von 2008 bis 2010 Superintendent des damaligen Kirchenkreises Alfeld.

So positiv der Begriff Toleranz besetzt sei, beruhe er doch auf einem zunächst negativen Impuls, erklärte Grünwaldt: Wir tolerieren, was wir im ersten Moment ablehnen. Man müsse ja auch nicht jeden mögen und jede Meinung teilen, vielmehr andere Sichtweisen respektieren und gelten lassen, ohne den eigenen Standpunkt aufzugeben: „Man muss nicht alles, was man toleriert, auch gut finden.“ Grünwaldt rückte den Begriff der Toleranz in die Nähe des alttestamentarischen Begriffs der Nächstenliebe. Der habe nämlich nichts mit Schmetterlingen im Bauch oder überhaupt viel mit Gefühlen zu tun: Es gehe darum, Verantwortung für den Nächsten zu übernehmen.

Im Zusammenleben von Menschen unterschiedlichen Glaubens habe Toleranz schon sehr früh eine Rolle gespielt, so Grünwaldt. Übten die Herrschenden Toleranz gegenüber einer religiösen Minderheit wie zum Beispiel König Friedrich II. von Preußen gegenüber Katholiken und Juden, geschah das jedoch aus Eigeninteresse und ohne diese Minderheit tatsächlich als gleichwertig zu akzeptieren. Echte Toleranz, so der Theologe, sei das nicht. Diese beruhe vielmehr auf Respekt und Anerkennung, zitierte Grünwaldt die UNESCO. Und sei Voraussetzung für eine Kultur des Friedens.

Die Grenze der Toleranz sei jedoch erreicht, wenn aus Meinungen Taten erwachsen, die dem geltenden Recht widersprechen, wenn Grund- und Menschenrechte sowie die freiheitlich-demokratische Grundordnung und das Gewaltmonopol des Staates infrage gestellt werden.

Auf die Frage nach eigenen Erfahrungen mit Toleranz an der Schule, kamen von den Zuhörenden kaum Wortmeldungen. Seiner Ansicht nach funktioniere Toleranz an der BBS überdurchschnittlich gut, sagte ein Schüler. Das entspreche auch seiner eigenen Beobachtung, erklärt Schulpastor Günther: „Es entstehen nicht immer gleich Freundschaften, aber das ist ja auch nicht nötig.“ Wiebke Barth
Quelle: Barth
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