Der Kirchenkreis Leine-Solling übergibt das Haus an den Landkreis Northeim
Bodenfelde/Wahmbeck. 35 Jahre war das Freizeitheim Wahmbeck in Betrieb. Bereits seit 10 Jahren hat der Ev.-luth. Kirchenkreis Leine-Solling in mehreren Gremien über die Zukunft des Hauses nachgedacht. Zum einen gab es hohe Defizite, zum anderen ließen die Buchungen nach. Im Jahr 2010 gab es außerdem Hinweise, dass die Brandschutzmaßnahmen des Heims nach einer Gesetzesänderung nicht mehr den gesetzlichen Ansprüchen genügen. Dazu kam, dass sich Zuschussgeber des Freizeitheims zurückzogen. Schließlich wurden weitere Investitionskosten ermittelt: Renovierungs- und Restaurierungsmaßnahmen, um das Freizeitheim nach heutigen Standards fortzuführen.
Die Kosten waren hoch. Darum hat der Kirchenkreisvorstand des Ev.-luth. Kirchenkreises Leine-Solling die Schließung bereits zum 31.12.2012 beschlossen. Die Schließung wurde noch einmal hinausgezögert und die Zeit verlängert, um nach einer Nachnutzung zu suchen. Zum 31.12.2015 ist es endgültig: Das Freizeitheim schließt.
Intensiv wurde über eine mögliche Nachnutzung diskutiert. Zunächst versuchte es ein Verein, dann war eine Jugendhilfeeinrichtung interessiert. Mehrere Kaufangebote kamen aus verschiedenen Gründen nicht in Frage. Nun kauft der Landkreis Northeim das Freizeitheim Wahmbeck und gibt dem Haus eine neue Funktion als "Haus der Integration im Landkreis Northeim". Als "Körperschaft öffentlichen Rechts" und Partner ist der Landkreis für den Kirchenkreis ein Wunschpartner.
Zur Geschichte des Hauses in Wahmbeck
Schon einmal hat das Haus Flüchtlinge aufgenommen und zwar nach dem 1. Weltkrieg, so zeigt ein Blick in die Geschichte. Nach Informationen des Archivs des Kirchenkreises Leine-Solling wurde das Haupthaus 1892 erbaut. Zunächst waren dort ein Bauernhaus mit Wohnungen, Stallungen und Scheune unter einem Dach. Vor dem ersten Weltkrieg kam eine Gastwirtschaft und ein Landgasthaus hinzu. Gäste kamen über die Schiffe der Oberweser Dampfschifffahrtsgesellschaft. 1909 entstand ein Kindererholungsheim und im Ersten Weltkrieg ein Offiziersgefangenenlager (1915) sowie in den Nachkriegsjahren ein Heim für Flüchtlinge (1920). 1922 wurde es wieder als Kindererholungsheim genutzt und während des zweiten Weltkriegs als Erholungsheim für werdende Mütter. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Haus in Wahmbeck ein Heim für Schwerbehinderte und Kriegsblinde. Anfang der 50er Jahre wurde es zu einem Hotel. Es folgte eine Ausbildungsstätte für Kinderpflegerinnen der Diakonischen Einrichtung Himmelsthür. Im Sommer 1980 entstand schließlich das gemeinsame Freizeitheim der Kirchenkreise Uslar, Northeim und Einbeck. Zehn Kirchenkreise sowie die Landeskirche Hannovers beteiligten sich an dem Kauf und den hohen Renovierungs- und Einrichtungskosten. Lange Zeit konnte sich das Haus als Freizeitheim des Sprengels Göttingen tragen. Denn unter anderem haben sich die Kirchenkreise Herzberg, Göttingen und Holzminden auf Dauer finanziell beteiligt. Sie haben sich inzwischen aus der Mitfinanzierung teilweise zurückzogen. Dieser Rückzug sowie die hohen Investitions- und Modernisierungskosten und die mangelnde Auslastung führten zu der Entscheidung, das Haus zum Verkauf anzubieten.
Die künftige Nutzung
Nun soll das Haus als Wohnunterkunft für Flüchtlinge dienen, die bereits registriert, medizinisch untersucht und dem Landkreis zugewiesen werden und von Wahmbeck aus eine Zukunft aufbauen können. Das ehemalige Jugendfreizeitheim hat 106 Betten und eignet sich für die Unterbringung weit mehr als Turnhallen oder Dorfgemeinschaftshäuser. Geführt wird das Haus vom Deutschen Roten Kreuz. Neben Sozialpädagogen werden eine Hausleiterin, ein Hausmeister, Küchenpersonal und ein Wachdienst angestellt. Bei einer Bürgerversammlung am 9. Dezember 2015 im Freizeitheim Wahmbeck haben der Landkreis Northeim, der Ev.-luth. Kirchenkreis Leine-Solling sowie das Deutsche Rote Kreuz die Planungen der Öffentlichkeit vorgestellt.
Der Kirchenkreisvorstand des Kirchenkreises Leine-Solling hat am 12. November dem Verkauf unter Auflagen zugestimmt. Der Kirchenkreistag hatte den künftigen Verkauf des Freizeitheims bereits beschlossen und das Kirchenkreisamt mit dem Verkauf beauftragt. Das Landeskirchenamt in Hannover hat die kirchenaufsichtliche Genehmigung mündlich erteilt. Mit dem Kaufpreis von 96.000 Euro deckt der Kirchenkreis Leine-Solling einen Kredit, der noch abgezahlt werden muss, sowie die zuletzt erbrachten Investitionen in den Brandschutz.
35 Jahre war dies ein Freizeitheim der Kirche. Zuletzt haben sieben Mitarbeitende hier gearbeitet. Es werden im Januar wieder Menschen Arbeit finden in diesem Gebäude. Die Bewohner werden andere sein. Aber das Haus wird eine neue Aufgabe finden, die der Zeit entspricht - und sicher wird es nicht die letzte Aufgabe sein.
Stellungnahme
Jan von Lingen, Superintendent im Kirchenkreis Leine-Solling: "Angesichts der Flüchtlinge dürfen wir ratlos sein, aber nicht hilflos und schon gar nicht tatenlos sein. Uns bleibt nichts anderes, als dem zu folgen, was Jesus gesagt hat: „Ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen“ (Matthäusevangelium, Kapitel 25,35.) Die Menschen, die vor unseren Türen stehen, appellieren an unser Gewissen. Politische Antworten auf die Krisen der Welt können wir nicht geben. Doch etwas anderes können wir geben: ein Dach in unserer Mitte und ein Platz an unserer Seite."
Text: Leine-Solling Pressedienst
Bodenfelde/Wahmbeck. 35 Jahre war das Freizeitheim Wahmbeck in Betrieb. Bereits seit 10 Jahren hat der Ev.-luth. Kirchenkreis Leine-Solling in mehreren Gremien über die Zukunft des Hauses nachgedacht. Zum einen gab es hohe Defizite, zum anderen ließen die Buchungen nach. Im Jahr 2010 gab es außerdem Hinweise, dass die Brandschutzmaßnahmen des Heims nach einer Gesetzesänderung nicht mehr den gesetzlichen Ansprüchen genügen. Dazu kam, dass sich Zuschussgeber des Freizeitheims zurückzogen. Schließlich wurden weitere Investitionskosten ermittelt: Renovierungs- und Restaurierungsmaßnahmen, um das Freizeitheim nach heutigen Standards fortzuführen.
Die Kosten waren hoch. Darum hat der Kirchenkreisvorstand des Ev.-luth. Kirchenkreises Leine-Solling die Schließung bereits zum 31.12.2012 beschlossen. Die Schließung wurde noch einmal hinausgezögert und die Zeit verlängert, um nach einer Nachnutzung zu suchen. Zum 31.12.2015 ist es endgültig: Das Freizeitheim schließt.
Intensiv wurde über eine mögliche Nachnutzung diskutiert. Zunächst versuchte es ein Verein, dann war eine Jugendhilfeeinrichtung interessiert. Mehrere Kaufangebote kamen aus verschiedenen Gründen nicht in Frage. Nun kauft der Landkreis Northeim das Freizeitheim Wahmbeck und gibt dem Haus eine neue Funktion als "Haus der Integration im Landkreis Northeim". Als "Körperschaft öffentlichen Rechts" und Partner ist der Landkreis für den Kirchenkreis ein Wunschpartner.
Zur Geschichte des Hauses in Wahmbeck
Schon einmal hat das Haus Flüchtlinge aufgenommen und zwar nach dem 1. Weltkrieg, so zeigt ein Blick in die Geschichte. Nach Informationen des Archivs des Kirchenkreises Leine-Solling wurde das Haupthaus 1892 erbaut. Zunächst waren dort ein Bauernhaus mit Wohnungen, Stallungen und Scheune unter einem Dach. Vor dem ersten Weltkrieg kam eine Gastwirtschaft und ein Landgasthaus hinzu. Gäste kamen über die Schiffe der Oberweser Dampfschifffahrtsgesellschaft. 1909 entstand ein Kindererholungsheim und im Ersten Weltkrieg ein Offiziersgefangenenlager (1915) sowie in den Nachkriegsjahren ein Heim für Flüchtlinge (1920). 1922 wurde es wieder als Kindererholungsheim genutzt und während des zweiten Weltkriegs als Erholungsheim für werdende Mütter. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Haus in Wahmbeck ein Heim für Schwerbehinderte und Kriegsblinde. Anfang der 50er Jahre wurde es zu einem Hotel. Es folgte eine Ausbildungsstätte für Kinderpflegerinnen der Diakonischen Einrichtung Himmelsthür. Im Sommer 1980 entstand schließlich das gemeinsame Freizeitheim der Kirchenkreise Uslar, Northeim und Einbeck. Zehn Kirchenkreise sowie die Landeskirche Hannovers beteiligten sich an dem Kauf und den hohen Renovierungs- und Einrichtungskosten. Lange Zeit konnte sich das Haus als Freizeitheim des Sprengels Göttingen tragen. Denn unter anderem haben sich die Kirchenkreise Herzberg, Göttingen und Holzminden auf Dauer finanziell beteiligt. Sie haben sich inzwischen aus der Mitfinanzierung teilweise zurückzogen. Dieser Rückzug sowie die hohen Investitions- und Modernisierungskosten und die mangelnde Auslastung führten zu der Entscheidung, das Haus zum Verkauf anzubieten.
Die künftige Nutzung
Nun soll das Haus als Wohnunterkunft für Flüchtlinge dienen, die bereits registriert, medizinisch untersucht und dem Landkreis zugewiesen werden und von Wahmbeck aus eine Zukunft aufbauen können. Das ehemalige Jugendfreizeitheim hat 106 Betten und eignet sich für die Unterbringung weit mehr als Turnhallen oder Dorfgemeinschaftshäuser. Geführt wird das Haus vom Deutschen Roten Kreuz. Neben Sozialpädagogen werden eine Hausleiterin, ein Hausmeister, Küchenpersonal und ein Wachdienst angestellt. Bei einer Bürgerversammlung am 9. Dezember 2015 im Freizeitheim Wahmbeck haben der Landkreis Northeim, der Ev.-luth. Kirchenkreis Leine-Solling sowie das Deutsche Rote Kreuz die Planungen der Öffentlichkeit vorgestellt.
Der Kirchenkreisvorstand des Kirchenkreises Leine-Solling hat am 12. November dem Verkauf unter Auflagen zugestimmt. Der Kirchenkreistag hatte den künftigen Verkauf des Freizeitheims bereits beschlossen und das Kirchenkreisamt mit dem Verkauf beauftragt. Das Landeskirchenamt in Hannover hat die kirchenaufsichtliche Genehmigung mündlich erteilt. Mit dem Kaufpreis von 96.000 Euro deckt der Kirchenkreis Leine-Solling einen Kredit, der noch abgezahlt werden muss, sowie die zuletzt erbrachten Investitionen in den Brandschutz.
35 Jahre war dies ein Freizeitheim der Kirche. Zuletzt haben sieben Mitarbeitende hier gearbeitet. Es werden im Januar wieder Menschen Arbeit finden in diesem Gebäude. Die Bewohner werden andere sein. Aber das Haus wird eine neue Aufgabe finden, die der Zeit entspricht - und sicher wird es nicht die letzte Aufgabe sein.
Stellungnahme
Jan von Lingen, Superintendent im Kirchenkreis Leine-Solling: "Angesichts der Flüchtlinge dürfen wir ratlos sein, aber nicht hilflos und schon gar nicht tatenlos sein. Uns bleibt nichts anderes, als dem zu folgen, was Jesus gesagt hat: „Ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen“ (Matthäusevangelium, Kapitel 25,35.) Die Menschen, die vor unseren Türen stehen, appellieren an unser Gewissen. Politische Antworten auf die Krisen der Welt können wir nicht geben. Doch etwas anderes können wir geben: ein Dach in unserer Mitte und ein Platz an unserer Seite."
Text: Leine-Solling Pressedienst